Monday, February 9. 2015
DIE VON PAPST FRANZISKUS GESCHAFFENE ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare at
20:11
Comments (0) Trackbacks (0) DIE VON PAPST FRANZISKUS GESCHAFFENE PÄPSTLICHE KOMMISSION FÜR DEN SCHUTZ DER MINDERJÄHRIGEN ARBEITET
Aufgrund der ersten Presseerklärung der nunmehr voll besetzten (17 Mitglieder) und aktiven Päpstlichen Kommission für den Schutz der Minderjährigen biete ich heute, am Gedenktag der seligen Augustinerin Anna Katharina Emmerich, eine Aktualisierung zur reichhaltigen Arbeit der Katholischen Kirche auf dem Sektor der Prävention und Strafverfolgung innerkirchlicher Täter betreffend sexuellen Missbrauch. Seine Heiligkeit Papst Franziskus hat den Weg seiner Vorgänger konsequent fortgesetzt und sogar noch entschieden verstärkt. Schon vor einem Jahr, nämlich am 16. Januar 2014, konnte der Heilige Stuhl somit glaubwürdig auf seinen Einsatz betreffend die Konvention für die Rechte der Kinder hinweisen (vgl. die Präsentation von Erzbischof Silvano Maria Tomasi in Genf und die Erklärung von Direktor Pater Federico Lombardi SJ aus diesem Anlass). Bei der 65. Sitzung des Komitees für die Rechte des Kindes erklärte Erzbischof Tomasi zunächst unter Bezugnahme auf das John Jay College Research Team, The Causes and Context of Sexual Abuse of Minors by Catholic Priests in the United States, 1950 - 2010, Washington D.C, 2011, dass unter den weltweit angesehensten Berufen Missbrauchstäter zu finden seien, und "am meisten zu bedauern, Mitglieder des Klerus und anderes Kirchenpersonal eingeschlossen." (Alle Übersetzungen in diesem Blogeintrag stammen jeweils von mir selbst, sei es aus dem Englischen, sei es aus dem Italienischen.) Im Blick auf diese Wirklichkeit habe der Heilige Stuhl Programme und Vorgehensweisen entwickelt, um den Missbrauch zu eliminieren und mit den entsprechenden staatlichen Behörden zusammenzuarbeiten. "Der Heilige Stuhl ist auch engagiert, den Missbrauchsopfern aufmerksam zuzuhören und den Auswirkungen zu begegnen, die solche Situationen auf Überlebende des Missbrauchs und auf deren Familien haben. Die große Mehrheit des Kirchenpersonals und der Institutionen auf lokaler Ebene hat ein breitgefächertes Angebot des Dienstes für Kinder angeboten, und sie setzen damit fort, indem sie diese ausbilden, ihre Familien unterstützen und auf ihre physischen, emotionalen und geistlichen Bedürfnisse eingehen. Ungeheuerliche Missbrauchsverbrechen gegen Kinder wurden korrekterweise gerichtlich behandelt und von den zuständigen staatlichen Behörden in den betreffenden Ländern bestraft."
Zur umfassenden Antwort des Heiligen Stuhles gegenüber dem Phänomen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen sagte Erzbischof Tomasi weiter: "Auf der Ebene des Heiligen Stuhles als des Souveräns des Staates der Vatikanstadt fiel die Antwort auf den sexuellen Missbrauch gemäß seiner direkten Verantwortung über das Territorium des Staates der Vatikanstadt aus. Diesbezüglich wurde eine Sondergesetzgebung in Kraft gesetzt, um internationale rechtliche Verpflichtungen zu integrieren, und diese Gesetze betreffen den Staat und seine sehr kleine Bevölkerung." Hier erkennt der Leser auch sehr schön, dass nicht das Territorium des Vatikanstaates Völkerrechtssubjekt oder ein selbständiger Staat ist, sondern einzig der Vatikan selbst, also der Heilige Stuhl und damit der Papst in Person (als einzige natürliche Person der Welt) ist Völkerrechtssubjekt. Erzbischof Tomasi führte somit präzise aus, wo genau welche Verantwortung gegeben ist. Für das Territorium verwies der Erzbischof auf das Gesetz des Staates der Vatikanstadt Nr. VIII vom 11. Juli 2013, das ergänzende Normen zu den Strafgesetzsachen enthalte, und auf das Gesetz Nr. IX vom selben 11. Juli 2013, das wiederum Ergänzungen zum Strafgesetzbuch und zum Strafverfahren mit sich gebracht hatte. Darunter fallen aber nicht nur "Beamte" auf dem Territorium des Staates der Vatikanstadt, sondern z. B. auch diplomatisches Personal in den Botschaften (Nuntiaturen) des Heiligen Stuhles auf der ganzen Welt. Und so führte Erzbischof Tomasi weiter aus, dass der Heilige Stuhl auf internationaler Ebene schon 1990 durch die Ratifizierung des "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" (Kinderrechtskonvention) eine konkrete Handlung gesetzt hatte. Wie Pater Lombardi diesbezüglich erinnert, war der Vatikan damit am 20. April 1990 einer der allerersten Völkerrechtssubjekte, und er schloss dabei den von ihm abhängigen Kleinstaat ein. Am 24. Oktober 2001 schloss sich der Heilige Stuhl dann noch dem Zusatzprotokoll über Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie (als 11. unterzeichnetes Völkerrechtssubjekt) und ebenso jenem gegen Kinder in bewaffneten Konflikten an (als 7. unterzeichnetes Völkerrechtssubjekt). Der Vatikan fördere und unterstütze diese internationalen Instrumente. Gleichzeitig habe der Heilige Stuhl als Zentralorgan der Katholischen Kirche Richtlinien ausgegeben, um die Arbeit der lokalen Teilkirchen zu erleichtern, was die Entwicklung wirksamer Maßnahmen innerhalb der jeweiligen Jurisdiktion in Übereinstimmung mit der kirchenrechtlichen Gesetzgebung betrifft. Völkerrechtlich agieren jedoch nicht die Katholische Kirche oder ihre Teilkirchen, sondern einzig und alleine der Heilige Stuhl, und nur von ihm abhängig der Staat der Vatikanstadt. Deshalb muss an dieser Stelle auch mit Pater Lombardi betont werden, dass die regierenden Bischöfe und höheren Oberen nicht einfach als Delegierte des Papstes agieren. Aus diesem Grund können bei Unterscheidung der rechtlichen Ebenen Fragen zu spezifischen Missbrauchsfällen in katholischen Institutionen verschiedener Länder (Pater Lombardi gibt das Beispiel Irland oder die von den "Legionären Christi" geleiteten Werke) nicht auf Basis der Kinderrechtskonvention gestellt werden. Hier sind die betreffenden Staaten mit ihren Gesetzgebungen selbst zu sehen, und analog dazu - so Pater Lombardi - sei der Heilige Stuhl auch nicht durch die Kinderrechtskonvention verpflichtet, auf Informationsbitten betreffend die kirchenrechtlichen Vorgehensweisen einzugehen. Leser meines Blogbuches wissen, dass entsprechende Informationen der Kirche durch das naturrechtlich zu gewichtende Transparenzprinzip motiviert sein müssen. Sieben Schlüsselprinzipien benennt Erzbischof Tomasi, die der Heilige Stuhl auf allen Ebenen in Übereinstimmung mit dem Internationalen Recht und mit dem Naturrecht verfolgt, nämlich: "1) das Kind hat ein angeborenes Recht als menschliches Wesen und als menschliche Person vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod; 2) die Rechte und Pflichten der Kinder müssen im Kontext der Familie betrachtet werden; 3) die volle Achtung der Rechte und Pflichten der Kinder erfordert den besonderen Schutz und die spezielle Förderung der Rechte und Pflichten der Familien; 4) das Wohlergehen des Kindes ist die primäre Verantwortung seiner/ihrer Eltern und der Familie; und 5) hat das Kind Rechte und Pflichten im Hinblick auf den Schutz seines/ihres eigenen Lebens, und Eltern haben parallel dazu Pflichten und Rechte, das Leben des Kindes von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu schützen; 6) das Kind hat ein Recht und eine Pflicht, erzogen zu werden, und die Eltern haben parallel dazu Pflichten und Rechte zur Erziehung des Kindes; und 7) hat das Kind Rechte und Pflichten betreffend die Religionsfreiheit, unter Berücksichtigung der Pflichten und Rechte der Eltern, ihr Kind gemäß der eigenen moralischen und religiösen Überzeugungen zu erziehen." Bevor wir nun abschließend zum ganz aktuellen Papstbrief kommen, schulde ich aber noch die Übersetzung der letzten Ergänzung der Missbrauchsbestimmungen in der Katholischen Kirche vom 3. November 2014 (Prot.-Nr. 62.411, in Rechtskraft seit 11. November 2014), wobei die Form des Erlasses dieses allgemeinen Ausführungsdekretes (vgl. can. 31 § 1 CIC) zur genaueren Gesetzesanwendung (inbesondere zu Art. 27 SST) nichts Neues ist, sondern vielmehr ein üblicher Vorgang, was auch leicht am Anmerkungsapparat der geltenden Bestimmungen gemäß "Sacramentorum Sanctitatis Tutela" erkennbar ist. Hier also meine deutsche Übersetzung aus dem Italienischen: "RESCRIPTUM EX AUDIENTIA SS.MI" ÜBER DIE EINRICHTUNG EINES KOLLEGIUMS INNERHALB DER KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE ZUR ÜBERPRÜFUNG DER [AN DIE ORDENTLICHE VERSAMMLUNG GERICHTETEN] REKURSE VON GEISTLICHEN BETREFFEND DIE DELICTA GRAVIORA [SCHWERWIEGENDEREN STRAFTATEN]: Das Motu Proprio Sacramentorum Sanctitatis Tutela (SST) vom 30. April 2001, das am 21. Mai 2010 auf den neuesten Stand gebracht wurde, definiert, welche Delikte in die unmittelbare Kompetenz der Kongregation für die Glaubenslehre (vgl. Artikel 1 - 6) fallen, gemäß Artikel 52 der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus. Zur Beurteilung der oben genannten Delikte bedient sich die Kongregation für die Glaubenslehre des Strafprozesses, sei es gerichtlich, sei es auf dem Verwaltungsweg (vgl. Art. 21 § 1 und § 2, Nr. 1 SST), wobei für die schwersten Fälle die Möglichkeit besteht, sie unmittelbar der Entscheidung des Papstes anheimzustellen (vgl. Art. 21 § 2, Nr. 2 SST). Was die Delikte gegen den Glauben angeht, ist vereinbart, dass die Kompetenz in erster Instanz beim Ordinarius oder Hierarchen liegt (vgl. Art. 2 § 2 SST). Aufgrund der Anzahl der Rekurse und der Notwendigkeit, eine schnellere Prüfung derselben zu garantieren, hat nach eingehender Überlegung in der dem unterzeichneten Kardinalstaatssekretär am 3. November 2014 gewährten Audienz der Heilige Vater Franziskus angeordnet wie folgt: 1. wird im Innern der Kongregation für die Glaubenslehre ein besonderes Kollegium errichtet, bestehend aus sieben Kardinälen oder Bischöfen, die sowohl Mitglieder des Dikasteriums als auch Nichtangehörige sein können; 2. der Präsident und die Mitglieder des genannten Kollegiums werden vom Papst ernannt; 3. das Kollegium ist eine Instanz, der sich die Ordentliche Versammlung (Feria IV) der Kongregation zur höheren Effizienz bei der Prüfung der in Art. 27 SST erwähnten Rekurse bedient, ohne dass ihre diesbezüglichen Kompetenzen verändert werden, wie sie im selben Art. 27 SST festgeschrieben sind; 4. wenn der Täter bischöflicher Würde ist, wird sein Rekurs von der Ordentlichen Versammlung geprüft, die auch besondere Fälle für den Papst entscheiden kann. Außerdem können ihr weitere Fälle nach dem Urteil des Kollegiums unterbreitet werden. 5. es wird die Sorge des Kollegiums sein, die Ordentliche Versammlung über die eigenen Entscheidungen regelmäßig zu informieren; 6. eine geeignete interne Ordnung wird die Arbeitsweisen des Kollegiums bestimmen. Der Heilige Vater hat angeordnet, dass das vorliegende allgemeine Ausführungsdekret durch die Veröffentlichung in "L'Osservatore Romano" promulgiert werde, am 11. November 2014 in Kraft trete und nachfolgend im offiziellen Publikationsorgan Acta Apostolicae Sedis veröffentlicht werde. Aus dem Vatikan am 3. November 2014 + Pietro Kardinal Parolin Staatssekretär [ENDE MEINER ÜBERSETZUNG DER EINFÜHRUNG EINES PRÜFUNGSKOLLEGIUMS INNERHALB DER GLAUBENSKONGREGATION BEI REKURSEN.] Erst vor knapp drei Wochen wurde das in meiner Übersetzung benannte Kollegium von Seiner Heiligkeit Papst Franziskus besetzt, nämlich am 21. Januar 2015. Mit dem Präsidenten, dem bekannten Auxiliarbischof Charles Jude Scicluna (aus Malta), sind es also nun tatsächlich sieben Mitglieder, und außerdem sind auch zwei Ersatzmitglieder vom Heiligen Vater ernannt worden. Die interne Ordnung für das Kollegium ist mir noch nicht bekannt, soferne sie schon erlassen wäre. In Fortsetzung der soeben angebotenen Übersetzung des neuen allgemeinen Ausführungsdekretes und aller meiner Blogeinträge zu einigen wichtigen Dokumenten und Fortschritten der Katholischen Kirche in ihrem universalen Kampf gegen den sexuellen Missbrauch - auch und besonders in den eigenen Reihen - biete ich also nun noch eine eigene deutsche Übersetzung des sehr wichtigen Briefes Seiner Heiligkeit Papst Franziskus vom Festtag der Darstellung des Herrn 2015 (2. Februar) an die Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenzen und an die Oberen der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften apostolischen Lebens auf der ganzen Welt, was die Päpstliche Kommission für den Schutz der Minderjährigen betrifft. Dieser Brief war ja der Anlass des ganzen hier angebotenen Blogeintrages, um den Lesern und Leserinnen zu zeigen, wie kontinuierlich die Katholische Kirche weltweit die Sorge der Missbrauchsprävention fortentwickelt: BRIEF DES HEILIGEN VATERS AN DIE PRÄSIDENTEN DER BISCHOFSKONFERENZEN UND AN DIE OBEREN DER INSTITUTE DES GEWEIHTEN LEBENS UND DER GESELLSCHAFTEN APOSTOLISCHEN LEBENS ÜBER DIE PÄPSTLICHE KOMMISSION FÜR DEN SCHUTZ DER MINDERJÄHRIGEN: Im März des letzten Jahres habe ich die Päpstliche Kommission für den Schutz der Minderjährigen errichtet, die bereits im Dezember 2013 vorangekündigt worden war, und zwar mit der Absicht, Vorschläge und Initiativen anzubieten, die auf die Verbesserung der Normen und Vorgehensweise zum Schutz aller Minderjährigen und der verwundbaren Erwachsenen abzielen. Zur Teilhabe daran habe ich hoch qualifizierte Persönlichkeiten berufen, die für ihren Einsatz auf diesem Gebiet bekannt sind. Im darauf folgenden Juli (2014) gab mir die Begegnung mit einigen Personen, die von Priestern sexuellen Missbrauch erlitten hatten, die Gelegenheit, direkter und erschütterter Zeuge der Intensität ihrer Qualen und der Festigkeit ihres Glaubens zu sein. Dies hat mich in meiner Überzeugung weiter bestärkt, dass wir fortsetzen müssen, alles uns Mögliche zu tun, um das Übel sexuellen Missbrauchs gegen Minderjährige in der Kirche auszurotten und um einen Weg der Versöhnung und Heilung zugunsten jener zu eröffnen, die missbraucht worden sind. Aus diesen Gründen habe ich im vergangenen Dezember einige neue Kommissionmitglieder hinzugefügt, welche die Teilkirchen der ganzen Welt repräsentieren. Und in wenigen Tagen werden sich alle Mitglieder zum ersten Mal in Rom treffen. Auf diesem Hintergrund bin ich überzeugt, dass die Kommission ein neues und durchschlagendes Instrument sein wird können, um mir zu helfen, den Einsatz der ganzen Kirche zu beleben und zu fördern - auf den verschiedenen Ebenen: Bischofskonferenzen, Diözesen, Institute des geweihten Lebens und Gesellschaftlichen apostolischen Lebens usw. -, damit die notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung des Schutzes der Minderjährigen und der verwundbaren Erwachsenen umgesetzt sowie gerechte und barmherzige Antworten gegeben werden. Die Familien müssen wissen, dass die Kirche keine Bemühungen scheut, um ihre Kinder zu beschützen, und sie haben das Recht, sich mit vollem Vertrauen an sie als ein sicheres Zuhause zu wenden. Deshalb kann keine wie auch immer geartete andere Form von Rücksichtnahmen einen Vorrang erhalten, wie zum Beispiel der Wunsch, den Skandal zu vermeiden, weil es nämlich absolut keinen Platz für jene im Dienstamt gibt, welche die Minderjährigen missbrauchen. Ebenso muss aufmerksam darauf geachtet werden, dass das von der Kongregation für die Glaubenslehre am 3. Mai 2011 herausgegebene Rundschreiben vollständig umgesetzt werde, welches dazu gedacht war, den Bischofskonferenzen zu helfen, Leitlinien für die Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Kleriker zu erstellen. Es ist wichtig, dass sich die Bischofskonferenzen eines Instrumentes zur regelmäßigen Prüfung der Normen und der Kontrolle ihrer Anwendung bedienen. Dem Diözesanbischof und den höheren Oberen kommt die Kontrollfunktion zu, ob in den Pfarreien und in den anderen Institutionen der Kirche die Sicherheit der Minderjährigen und der verwundbaren Erwachsenen garantiert werde. Als Ausdruck der Verpflichtung der Kirche, das Mitleid Jesu gegenüber jenen zu zeigen, die sexuellen Missbrauch erlitten haben, und auch gegenüber ihren Familien, werden die Diözesen und Institute des geweihten Lebens sowie die Gesellschaftlichen apostolischen Lebens aufgerufen, Programme pastoraler Hilfe zu ermitteln, die sich hinkünftig psychologischer und spiritueller Dienste bedienen können. Die Hirten und Verantwortlichen der religiösen Gemeinschaften sollen sich bereit halten für die Begegnung mit den Opfern und ihren Angehörigen: dabei handelt es sich um wertvolle Chancen, zuzuhören und all jene um Entschuldigung zu bitten, die gelitten haben. Aus allen diesen Gründen erbitte ich Eure volle und aufmerksame Zusammenarbeit mit der Kommission für den Schutz der Minderjährigen. Die Arbeit, die ich ihr anvertraut habe, beinhaltet die Hilfestellung für Euch und Eure Konferenzen betreffend die gegenüber dem sexuellen Missbrauch zu gebende Antwort, nämlich durch den gegenseitigen Austausch der am besten bewährten Vorgehensweisen ("prassi virtuose") und der Programme zur Erziehung, zur Weiterbildung und zum Unterricht. Der Herr Jesus flöße jedem von uns, den Dienern der Kirche, jene Liebe und jenen Vorrang für die Kleinen ein, die Seine Gegenwart unter den Menschen gekennzeichnet hat und die sich in eine besondere Verantwortung für das Wohl der Minderjährigen und der verwundbaren Erwachsenen übertrage. Die heiligste Maria, Mutter der Zärtlichkeit und der Barmherzigkeit, helfe uns, damit wir unserer Schuldigkeit großzügig und entschieden nachkommen, die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit demütig anzuerkennen und wiedergutzumachen, und wir der Aufgabe immer treu bleiben, jene zu schützen, die Jesus in bevorzugter Weise liebt. Aus dem Vatikan am 2. Februar 2015, dem Fest der Darstellung des Herrn FRANCISCUS [ENDE MEINER ÜBERSETZUNG DES PAPSTBRIEFES AN DIE BISCHOFSKONFERENZEN UND ORDENSGEMEINSCHAFTEN ZUR MISSBRAUCHSKOMMISSION.] In diesem Papstbrief sind mit dem schönen Begriff "prassi virtuose" die "am besten bewährten Vorgehensweisen" angesprochen. In Italien bietet auf staatsrechtlicher Ebene der Oberste Rat für das Gerichtswesen (C.S.M. = il Consiglio Superiore della Magistratura) als autonome Disziplinierungsbehörde gegenüber den Richtern eine schöne Zusammenfassung vom 27. Juli 2010, was unter "prassi virtuose" verstanden werden kann. Mir gefällt dieser Begriff, weil er im Grunde und im jeweiligen Idealfall das am besten angewandte Naturrecht für den Prozess- und Methodik-Bereich anspricht. Ein Beispiel für Leitlinien habe ich in meinem Blogbuch gebracht. Erfreulicherweise berichtet der Erzbischof von Boston, Sean Patrick Kardinal O'Malley OFMCap, als Präsident der Päpstlichen Kommission für den Schutz der Minderjährigen nunmehr über die voll gegebene Handlungsfähigkeit derselben. Wir dürfen also erwarten, dass die Kommission demnächst auch auf der Internetseite des Heiligen Stuhles ihren prominenten Platz einnehmen wird. Wie Kardinal Seán übernehme auch ich das Vatikan-Video von der Pressekonferenz des 7. Februar 2015, wobei er dabei von Schwester Kayula Lesa aus Sambia und von Peter Saunders aus Südwest-London für die Hilsforganisation NAPAC flankiert wird: Demnach soll also jede Bischofskonferenz eine Kontaktperson benennen, damit eine ständige Kommunikation zwischen den Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften und der nunmehr etablierten Päpstlichen Kommission gegen Missbrauch stattfinden kann. Durch die insgesamt 17 Mitglieder der Kommission sind alle Erdteile mit ihren Erfahrungen vertreten. Derzeit werden Seminare entwickelt zur Fortbildung des Kurienpersonals und der weltweit verstreuten Bischöfe betreffend den Schutz der anvertrauten Kinder, natürlich in Zusammenarbeit mit der Kongregation für die Bischöfe und mit der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Die Päpstliche Kommission bereitet auch Materialien für einen großen Gebetstag vor, der allen gewidmet ist, die durch sexuellen Missbrauch verletzt worden sind. Weiters sollen alle katholischen Spendenorganisationen angehalten werden, vor der Vergabe von Mitteln besondere Erfordernisse für den Schutz der Kinder zu verlangen. Wörtlich sagte der Kapuziner-Kardinal O'Malley: "Die Kommission etabliert im Moment eine Reihe von Arbeitsgruppen, um die Kompetenz einzelner abzurufen, die nicht Mitglieder sind, die uns aber wertvolle Hilfestellung geben können. Eine Arbeitsgruppe hat die Aufgabe erhalten, Überlebende zu erreichen, die durch ihre Mitwirkung zu unseren Bemühungen beitragen können, insbesondere was die Prävention und einige Richtlinien betrifft." Beten und handeln auch wir in den Anliegen dieser so wichtigen Päpstlichen Kommission, denn damit kann die Kirche nicht nur im deutschen und amerikanischen Sprachraum, sondern auf der ganzen Welt eine maßgebliche Vorreiterrolle zur Prävention sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und abhängiger Erwachsener einnehmen. Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik Saturday, October 4. 2014
VOR DER FAMILIENSYNODE: FRAGEN ZUR ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, Sonstiges at
12:28
Comments (0) Trackbacks (0) VOR DER FAMILIENSYNODE: FRAGEN ZUR EHESCHLIESSUNG AUS ITALIEN
Kürzlich fiel mir ein kirchliches Brautprotokoll in die Hände, basierend auf einem Ehevorbereitungsgespräch zweier verlobter und ohne Erlaubnis der Kirche standesamtlich verheirateter Katholiken aus Italien. Sehr gut gefiel mir dabei, dass die nunmehr zu einer gültigen Hochzeit bereiten Brautleute die Fragen des Priesters nicht nur mit "Ja" oder "Nein" beantworten konnten, sondern auch ins Protokoll selbst ganze Sätze eingetragen werden mussten. Ob die heutigen Brautprotokolle der Pfarreien auf italienischem Territorium immer noch so gehalten sind, habe ich nicht geprüft, aber ich denke, dass sich in den letzten 20 Jahren nicht viel geändert hat. Und weil ich die vom beauftragten Geistlichen zu stellenden Fragen sehr gelungen finde, drucke ich kurz vor dem Beginn der dritten Generalversammlung der Außerordentlichen Bischofssynode in Rom über die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung einige aus dem Italienischen übersetzte Auszüge ab, wobei die in den jeweils unmittelbar wiedergegebenen Anmerkungen dieses Brautprotokolls genannten Dekrete natürlich von der katholischen Italienischen Bischofskonferenz herrühren. Diese Übersetzung möge auch Erinnerung sein an das von mir schon seit langem angebotene Dauerdokument zur unmittelbaren Vorbereitung auf eine naturrechtlich und kirchenrechtlich gültige Ehe:
[ÜBERSETZUNG DER HINWEISE UND FRAGEN EINES ITALIENISCHEN BRAUTPROTOKOLLS:] Prot.-Nr. / (Erz)Diözese / Pfarrei / Gemeinde, Postleitzahl, Provinz PERSONALIEN: Bräutigam / Braut Nach- und Vorname(1) (1) Im Falle von Abweichungen zwischen den Personenstandsdaten der zivilen Geburtsurkunde und des Taufzeugnisses sind beide einzutragen, wobei die Priorität den staatlichen Daten zu geben ist und in Klammern angeführt wird, was aus dem Taufzeugnis hervorgeht. Ort und Tag der Geburt Ort und Tag der Taufe Religion Familienstand(2) (2) Je nach Situation schreibt man: unverheiratet, frei von einem Eheband, verwitwet … Staatsbürgerschaft Beruf Wohnsitz und Adresse(3) (3) Hier ist die ganze Adresse des staatlich gemeldeten Wohnsitzes anzugeben. Eine eventuelle Abweichung gegenüber dem kanonischen Wohnsitz (tatsächlichen Wohnsitz) wird darunter notiert. DOKUMENTE(4) Bräutigam / Braut (4) Es ist Aufgabe des Pfarrers, der das Brautexamen durchführt, die Gültigkeit der Dokumente zu überprüfen (vgl. Allgemeines Dekret, 6). Die Dokumente sind in diesem "Brautprotokoll" aufzuheben, auch wenn die Hochzeit anderswo zelebriert wird (vgl. Allgemeines Dekret, 23). 1. Taufzeugnis 2. Firmzeugnis 3. Zertifikat des Todes des Ehegatten für Verwitwete 4. Erklärung der Eltern für Minderjährige 5. Zeugnis des Ledigenstandes 6. Aufgebot in der Pfarrei 7. Aufgebot in anderen Pfarreien 8. Dispens vom kanonischen Aufgebot 9. Erlaubnis des Ordinarius für ... 10. Dispens vom Ehehindernis 11. Genehmigung des Standesbeamten 12. Mitteilung des erfolgten Ehe-Eintrags beim Staat PRÜFUNG DES BRÄUTIGAMS(5) / PRÜFUNG DER BRAUT(5) (5) Der Bräutigam muss getrennt von der Braut befragt werden und umgekehrt. Wenn er/sie dem Pfarrer nicht persönlich bekannt ist, soll ein Personaldokument verlangt werden. Man mache darauf aufmerksam, dass die Antworten auf die Fragen dieser Prüfung unter Eid gegeben werden müssen und dass sie durch das Amtsgeheimnis geschützt sind (vgl. Allgemeines Dekret, 10). Die Antworten sollen niedergeschrieben und abschließend dem Antragsteller /der Antragstellerin nochmals vorgelesen werden. Dies ist so durchzuführen, dass sich die Antworten nicht nur im allgemeinen Sinne auf "Ja“ oder "Nein“ beschränken, sondern dass dadurch die Intention der Heiratswilligen mit mehr Inhalt zum Ausdruck komme. (X = dem Pfarrer bekannt) Diese (folgenden) Fragen beschließen die Vorbereitung auf die Hochzeit, welche Ihnen geholfen hat, die Werte und Verpflichtungen der ehe zur Kenntnis zu nehmen. Sind Sie einverstanden, die folgenden Fragen unter Eid zu beantworten? LEDIGENSTAND(6) (6) Die Fragen zum Ledigenstand dürfen niemals ausgelassen werden. Die gegebenen Antworten gelten als zusätzliche eidliche Versicherung für jene Heiratswilligen, die sich nach Vollendung des 16. Lebensjahres länger als ein Jahr in einer anderen Diözese aufgehalten haben, und es nicht möglich ist, ihren Ledigenstand durch das Anhören von zwei geeigneten Zeugen zu überprüfen und das Ergebnis in der dafür vorgesehenen Bescheinigung einzutragen (vgl. Allgemeines Dekret, 9). 1. Haben Sie sich nach Vollendung des 16. Lebensjahres mehr als ein Jahr in einer anderen Diözese aufgehalten (falls dies zutrifft, ist der Ort anzugeben)? 2. Haben Sie jemals eine Ehe geschlossen, womöglich nur eine zivile? Wenn ja: wann und mit wem? Wie wurde das Eheband gelöst? Haben Sie Kinder bekommen? EHEKONSENS 3. Warum entscheiden Sie sich, in der Kirche zu heiraten? Glauben Sie an die Ehe als Sakrament? Haben Sie irgendeine Schwierigkeit bei der Annahme der kirchlichen Lehre zur Ehe? (Im zutreffenden Fall ist anzugeben, welche Schwierigkeit besteht.) 4. In der Eheschließung ist eine völlig freie Entscheidung enthalten. Heiraten Sie aufgrund Ihrer Wahl, frei und aus Liebe, oder sind Sie dazu durch eine bestimmte Notwendigkeit gezwungen? Fühlen Sie sich von Ihren Angehörigen oder von jenen Ihres Verlobten zur Hochzeit gedrängt? 5. Die Ehe ist die Gemeinschaft des ganzen Lebens zwischen einem Mann und einer Frau. Wollen Sie diese Ehe als einzige, und verpflichten Sie sich zur ehelichen Treue? 6. Es ist der Wille Gottes, dass das Eheband bis zum Tode eines der Ehepartner besteht. Wollen Sie die Ehe als unauflösliche, und schließen Sie daher aus, sie mittels der Scheidung zu beenden? 7. Die Ehe ist von ihrer Natur her auf das Wohl der Ehegatten sowie auf das Hervorbringen und die Erziehung des Nachwuchses ausgerichtet. Nehmen Sie die Berufung zur Vaterschaft/Mutterschaft an, ohne den Kindersegen auszuschließen? Haben Sie vor, den Kindern eine katholische Erziehung angedeihen zu lassen? 8. Setzen Sie der Ehe Bedingungen? (Falls ja, welche?) 9. Akzeptiert Ihre Verlobte / Ihr Verlobter das Ehesakrament als einziges und unauflösliches, oder hat sie / er diesbezüglich irgendeinen Vorbehalt (Untreue, Scheidung)? Sind Sie sicher, dass sie / er Sie aus freiem Willen und aus Liebe heiratet? 10. Hatten Sie in der Verlobungszeit Anhaltspunkte, um an einem guten Ausgang Ihrer Ehe zu zweifeln? Haben Sie etwas verborgen gehalten, was das eheliche Leben schwerwiegend stören könnte? EHEHINDERNISSE ODER VERBOTE(7) (7) Der Pfarrer ist verpflichtet, eine kluge Ermittlung zu den Ehehindernissen und zu den Heiratsverboten durchzuführen. Abgesehen von den ausdrücklich angegebenen prüfe er im besonderen die Ehehindernisse der Religionsverschiedenheit (can. 1086), einer heiligen Weihe (can. 1087), der in einem Ordensinstitut abgelegten öffentlichen ewigen Gelübde (can. 1088), der Entführung (can. 1089), des Tötungsdeliktes (can. 1090) und die Verbote bei der konfessionsverschiedenen Ehe (can. 1124; vgl. Allgemeines Dekret, 48 – 52), bei der Eheschließung von Wohnsitzlosen (can. 1071 § 1 n. 1 – vgl. Allgemeines Dekret, 46), bei der Eheschließung von solchen, die offenkundig vom katholischen Glauben abgefallen oder mit einer Beugestrafe belegt sind (can. 1071 § 1 nn. 4 – 5; vgl. Allgemeines Dekret, 43) und bei der Eheschließung, die durch einen Stellvertreter erfolgen soll (can. 1071 § 1 n. 7). 11. Gibt es zwischen Ihnen und Ihrem/Ihrer Verlobten Bande der Blutsverwandtschaft? (can. 1091) 12. Gibt es andere kanonische Ehehindernisse oder Heiratsverbote? 13. bei Minderjährigen mit 18 Jahren: wissen Ihre Eltern Bescheid über Ihre Ehe? Sind sie dagegen? 14. bei ziviler Verheiratung: was war der Grund für diese Entscheidung? Warum heiraten Sie jetzt in der Kirche? 15. bei ziviler Verheiratung mit anderen: haben Sie schon das Scheidungsurteil erhalten? Erfüllen Sie die natürlichen Verpflichtungen aus Ihrer vorhergehenden Verbindung? 16. Gibt es Ehehindernisse oder –verbote nach dem zivilen Recht oder für die Übertragung (Eintragung) in die staatlichen Register? Die Brautleute haben die protokollierten Antworten eingesehen und unterschreiben in Bindung an den Eid. Datum, Ort des Siegels, Pfarramt Unterschrift des Bräutigams / Unterschrift des Pfarrers / Unterschrift der Braut WEITERE AUFGABEN Wahrgenommene Form zur Vorbereitung auf die Ehe (vgl. den abschließenden Entscheid der XXII. Vollversammlung der Italienischen Bischofskonferenz): Erklärung zur Eheschließung (Gütertrennung, Anerkennung der Kinder): ZELEBRATION DER HOCHZEIT Die Hochzeit wird am … gefeiert. [ENDE DER ÜBERSETZUNG EINES ITALIENISCHEN BRAUTPROTOKOLLS AUS DEM JAHRE 1994.] Außerdem drucke ich noch die Übersetzung des Gesuches um eine kirchliche Eheschließung ab, nachdem Brautleute längere Zeit zuvor eine zivile (und damit für formplichtige Katholiken ungültige) Eheschließung vorgenommen hatten, obschon dies in Italien vorbildhafterweise gar nicht notwendig ist, wenn sich Katholiken nämlich wie vorgesehen sogleich entscheiden, das Jawort nur einmal und gültig zu sprechen, weil nämlich die kirchliche Eheschließung vom italienischen Staat anerkannt wird und somit die Daten von den Pfarrämtern nur weitergegeben werden müssen. Hier also das Gesuch, seine Genehmigung und eine entsprechender Erklärung der Brautleute in meiner Übersetzung aus dem Italienischen: [ÜBERSETZUNG DES GESUCHS UND DER ERKLÄRUNG ZUR KANONISCHEN EHESCHLIESSUNG NACH EINER ZIVILEN HEIRAT:] Hochwürdigste Exzellenz, die Personen Herr … und Frau ... wollen die Ehe schließen. Sie sind bereits gemeinsam eine zivile Eheschließung bei der Gemeinde … per … eingegangen. Sie erklären, diese Wahl aus den folgenden Gründen getroffen zu haben: [BEISPIEL: um die italienische Staatsbürgerschaft erhalten und arbeiten zu können.] Jetzt bitten sie um Ordnung ihres Standes, weil sie immer die Intention hatten, nur mit dem Sakrament zusammenzuleben. Ich füge dieses Gesuch bei, dass dieselben Brautleute an Eure Exzellenz richten als Bestätigung, dass sie sich der Werte des Ehesakramentes bewusst sind und sich verpflichten, den Weg des Glaubens wieder aufzunehmen. Ich versichere Ihnen die rechte Intention der Brautleute und ihre Bereitschaft, zur Vorbereitung auf die Feier der religiösen Eheschließung. Priester, Ort und Datum, Pfarramt [ICH GEWÄHRE ES IHNEN: DER AUXIALIARBISCHOF UND GENERALVIKAR DER (ERZ)DIÖZESE] ERKLÄRUNG VOR DER FEIER DER LEDIGLICH KANONISCHEN EHESCHLIESSUNG(1) IN ITALIEN: (1) Die Vertragsparteien müssen die vorliegende Erklärung vor dem Pfarrer unterfertigen, der ihre Aussage gegenzeichnet. Die Unterzeichneten, Herr ... und Frau ... bitten um die Feier der religiösen Eheschließung, im Bewusstsein des Wertes des Ehesakramentes, und sie erklären, die zivile Eheschließung nur vorgenommen zu haben, um (BEISPIEL: die italienische Staatsbürgerschaft zu erhalten und arbeiten zu können.) Unterschrift des Bräutigams / Unterschrift der Braut Ort, Datum, Pfarrer [ENDE ALLER ÜBERSETZUNGEN ZUR VORBEREITUNG EINER KIRCHLICHEN EHE VON STANDESAMTLICH VERLOBTEN KATHOLIKEN.] So bleibt uns nur noch eines, nämlich die außerordentliche Bischofssynode zur Familienpastoral in Rom mit unserem Gebet zu begleiten und sämtliche Verliebten und Verlobten, die sich kurz vor ihrer Eheschließung befinden. Herzliche Grüße am Festtag des heiligen Franziskus! Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik Wednesday, May 1. 2013
NEU GELESEN EIN HIRTENSCHREIBEN ZUR ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare, Sonstiges at
11:30
Comments (0) Trackbacks (0) NEU GELESEN EIN HIRTENSCHREIBEN ZUR LITURGIE AUS 1963: 50 JAHRE KONZIL
Wir stehen im Jahr des Glaubens und blicken auch auf das letzte XXI. Ökumenische Konzil der Katholischen Kirche zurück. Benedikt XVI. hat vor seinem rechtskräftigen Rücktritt dieses II. Vatikanische Konzil nochmals sehr lebendig werden lassen und seinen Nachfolgern damit die Richtung angezeigt, in der die weitere Rezeption geschehen kann. Bei seinem letzten Konzilsrückblick als regierender Papst hat er am 14. Februar 2013 vor dem Klerus der Diözese Rom somit auch noch einmal zur Liturgiereform innerhalb der lateinischen Kirche Stellung genommen:
"Wie gesagt kamen alle mit großen Erwartungen – nie war ein Konzil von diesen Dimensionen abgehalten worden –, aber nicht alle wußten, wie man es anpacken sollte. Diejenigen, die am besten vorbereitet waren – sagen wir, die mit den klarsten Vorstellungen – waren der französische, der deutsche, der belgische, der holländische Episkopat: die sogenannte »Rheinische Allianz«. Und im ersten Teil des Konzils gaben sie den Weg vor; dann wurde die Tätigkeit schnell erweitert, und immer mehr hatten alle Anteil an der Schaffenskraft des Konzils. Die Franzosen und die Deutschen hatten einige gemeinsame Interessen, wenn auch mit recht unterschiedlichen Nuancen. Die erste, anfängliche, einfache – scheinbar einfache – Intention war die Liturgiereform, die bereits mit Pius XII. begonnen hatte, der schon die Karwoche reformiert hatte; die zweite war die Ekklesiologie; die dritte das Wort Gottes, die Offenbarung; und schließlich auch der Ökumenismus. Die Franzosen hatten – viel mehr als die Deutschen – noch das Problem, die Situation der Beziehungen zwischen Kirche und Welt zu behandeln. Beginnen wir mit dem ersten Punkt. Nach dem Ersten Weltkrieg war, besonders in Mittel- und Westeuropa, die liturgische Bewegung gewachsen, eine Wiederentdeckung des Reichtums und der Tiefe der Liturgie, die bis dahin im Römischen Meßbuch des Priesters gleichsam verschlossen war, während die Leute mit eigenen Gebetbüchern beteten, die nach dem Herzen des Volkes gemacht waren, in dem Sinn, daß man versucht hatte, die hohen Inhalte, die hohe Sprache der klassischen Liturgie in mehr gefühlsbetonte Worte zu fassen, die näher am Herzen des Volkes waren. Es waren jedoch fast zwei parallel laufende Liturgien: der Priester mit den Meßdienern, der die Messe nach dem Meßbuch feierte, und die Laien, die in der Messe zugleich mit ihren Gebetbüchern beteten und im wesentlichen wußten, was am Altar geschah. Jetzt aber war die Schönheit, die Tiefe, der historische, menschliche, geistliche Reichtum des Meßbuches wiederentdeckt worden, sowie die Notwendigkeit, daß nicht nur ein Vertreter des Volkes, ein kleiner Meßdiener, sagen sollte: »Et cum spiritu tuo« und so weiter, sondern daß es wirklich ein Dialog zwischen Priester und Volk sein sollte, daß die Liturgie des Altares und die Liturgie des Volkes eigentlich eine einzige Liturgie sein sollte, eine aktive Teilnahme, daß der Reichtum zum Volk gelangen sollte; und so wurde die Liturgie wiederentdeckt, erneuert. Jetzt in der Rückschau finde ich, daß es sehr gut war, mit der Liturgie zu beginnen. So tritt der Primat Gottes, der Primat der Anbetung hervor. »Operi Dei nihil praeponatur«: Dieses Wort aus der Regel des heiligen Benedikt (vgl. 43,3) erscheint auf diese Weise als die oberste Regel des Konzils. Es ist kritisiert worden, das Konzil habe über vieles gesprochen, aber nicht über Gott. Es hat über Gott gesprochen! Und es war der erste und wesentliche Akt, über Gott zu sprechen und alle Menschen, das ganze heilige Volk, für die Anbetung Gottes zu öffnen, in der gemeinsamen Feier der Liturgie des Leibes und Blutes Christi. In diesem Sinne war es – über praktische Faktoren hinaus, die davon abrieten, sofort mit kontroversen Themen zu beginnen – sozusagen wirklich ein Akt der Vorsehung, daß am Beginn des Konzils die Liturgie steht, Gott steht, die Anbetung steht. Ich möchte jetzt nicht auf die Einzelheiten der Diskussion eingehen, aber es lohnt sich, über die praktische Umsetzung hinaus immer zum Konzil selbst, zu seiner Tiefe und zu seinen wesentlichen Vorstellungen zurückzukehren. Es gab davon, würde ich sagen, mehrere: vor allem das Ostergeheimnis als Mittelpunkt des Christseins und somit des christlichen Lebens, des Jahres, der christlichen Zeit, was in der Osterzeit und im Sonntag zum Ausdruck kommt, der stets der Tag der Auferstehung ist. Immer wieder beginnen wir unsere Zeit mit der Auferstehung, mit der Begegnung mit dem Auferstandenen, und von der Begegnung mit dem Auferstandenen her gehen wir in die Welt. In diesem Sinne ist es schade, daß der Sonntag heute zum Wochenende geworden ist, während er doch der erste Tag, der Anfang ist. Innerlich müssen wir uns dessen immer bewußt sein, daß er der Anfang ist: der Anfang der Schöpfung und der Anfang der Neuschöpfung in der Kirche, Begegnung mit dem Schöpfer und mit dem auferstandenen Christus. Auch dieser zweifache Inhalt des Sonntags ist wichtig: Er ist der erste Tag, also das Fest der Schöpfung – wir stehen auf der Grundlage der Schöpfung, wir glauben an Gott, den Schöpfer –, und Begegnung mit dem Auferstandenen, der die Schöpfung erneuert; sein wahres Ziel ist es, eine Welt zu schaffen, die Antwort auf die Liebe Gottes ist. Dann gab es Grundsätze: die Verständlichkeit, statt eingeschlossen zu sein in eine unbekannte, nicht gesprochene Sprache, und auch die aktive Teilnahme. Leider wurden diese Grundsätze auch falsch verstanden. Verständlichkeit bedeutet nicht Banalität, denn die großen Texte der Liturgie – auch wenn sie, Gott sei Dank, in der Muttersprache gesprochen werden – sind nicht einfach zu verstehen; sie bedürfen einer ständigen Weiterbildung des Christen, damit er wächst und immer tiefer in das Geheimnis eindringt und so verstehen kann. Und auch das Wort Gottes – wenn ich Tag für Tag an die Lesung des Alten Testamentes und auch an die Lesung der Paulusbriefe, der Evangelien denke: Wer könnte von sich sagen, daß er es sofort versteht, nur weil es in der eigenen Sprache ist? Nur eine ständige Bildung des Herzens und des Verstandes kann wirklich Verständlichkeit schaffen und eine Teilnahme, die nicht nur äußerliches Handeln ist, sondern ein Eintreten der Person, meines Seins, in die Gemeinschaft der Kirche und so in die Gemeinschaft mit Christus." Umso spannender und interessanter ist es nach diesen unvergleichlichen Worten eines authentischen Zeugen des letzten XXI. Ökumenischen Konzils der Katholischen Kirche nochmals - nämlich praktisch 50 Jahre später - ein exemplarisches Pastoralschreiben von katholischen Bischöfen und Konzilsvätern zu lesen, die ihrem damaligen Klerus genau dieses erste Konzilsdokument Sacrosanctum Concilium zur Anbetung Gottes und zur Göttlichen Liturgie schmackhaft machen wollten und ihre damaligen Erwartungen sehr deutlich formulierten. Entnommen habe ich alles einem Sonderabdruck aus dem "Wiener Diözesanblatt" vom 12. Dezember 1963, und die Verlinkungen sind natürlich vom Blogautor: [BEGINN DES DAMALIGEN PASTORALSCHREIBENS ZUR LITURGIEKONSTITUTION DES II. VATIKANISCHEN KONZILS FÜR DIE LATEINISCHE KIRCHE IN ÖSTERREICH:] Pastoralschreiben der Erzbischöfe und Bischöfe an den Klerus zur Neuordnung der heiligen Liturgie vom 4. Dezember 1963 A. Am 22. November des Jahres 1963, am Feste der römischen heiligen Cäcilia, am 60. Jahrestag des Erscheinens des Motu Proprio Pius' X. über die Erneuerung der Kirchenmusik haben die Konzilsväter am II. Vatikanischen Konzil die "Constitutio de Sacra Liturgia" fast mit Stimmeneinhelligkeit (2158 zu 19 Stimmen) angenommen. Am 4. Dezember hat der Heilige Vater Paul VI. der Konstitution die päpstliche Approbation verliehen. Dieses Dokument hat dadurch die höchste Gesetzeskraft der Kirche erlangt. Ein solches Ereignis, das tiefste Wirkungen für das kirchliche und seelsorgliche Leben erwarten läßt, ist für die Bischöfe Österreichs ein willkommener Anlaß, sich zunächst mit einem Wort zur Aufklärung an den Klerus zu wenden. In Ihre Hände, hochwürdigste und hochwürdige Mitbrüder, wird ja diese erste Frucht des II. Vatikanischen Konzils gelegt, von Ihnen wird es auch abhängen, ob die 35 Seiten und 130 Artikel der Konstitution trockener Buchstabe und kaltes Recht bleiben oder Geist und Leben empfangen. Liturgie vor dem II. Vatikanischen Konzil Es ist gut, die liturgische Erneuerung in den letzten Jahrzehnten in Österreich in wenigen Zeilen zusammenzufassen. Die Schriften von Pius Parsch in Klosterneuburg hatten zwischen den beiden Weltkriegen das liturgische Ackerfeld aufgebrochen. Das Verlangen, die heiligen Texte und liturgischen Handlungen zu verstehen, wurde dadurch besonders geweckt. Der große Österreichische Katholikentag 1933 hat die erste große Phase der Meßgestaltung mit Meßlied und Verkündigung der Perikopen durch Vorbeter nach außen demonstriert. Viele aus dem heutigen Klerus waren damals als Theologen oder junge Priester Zeugen dieses gottesdienstlichen Aufbruches. Die Verfolgung während des letzten Weltkrieges hat die Gläubigen nach Verlust vieler äußerer Mittel der Seelsorge enger an den Altar herangeführt. Es entstanden zunächst in kleineren Gruppen Altargemeinschaften von Personen, die den Gottesdienst mehr erfassen und sich daran beteiligen wollten. Das Verlangen nach größerer Verwendung der Muttersprache wurde immer stärker. Im Jahre 1942 hat die deutsche Bischofskonferenz, der damals auch die österreichischen Bischöfe angehörten, die Bitte an den Heiligen Vater gerichtet, die schon bestehende Betsingmesse in den verschiedenen Formen zu bestätigen und die Missa cantata in Verbindung mit dem Volksgesang zu erlauben. Im Jahre 1943 hat das Staatssekretariat Seiner Heiligkeit auch diesen Bitten entsprochen. Noch waren die Priester an die Kultsprache gebunden; nur das Volk und die Vorbeter bedienten sich der deutschen Sprache. Wir alle, hochwürdige Mitbrüder, wissen aus eigener Erfahrung, wie fruchtbar diese beiden letzten Jahrzehnte waren. Ein Gottesdienst, der nicht allein beim Kirchenlied stehen blieb, der in Gebet und Gesang die Volksteile der heiligen Messe übernahm, ist die segensvolle Wirkung dieser großen Ermächtigung geworden, um die uns viele Nationen beneidet haben. 1948 haben die österreichischen Bischöfe die "Allgemeine liturgische Meßordnung" erlassen, um das bisher bestehende freie Experimentieren in geordnetere Bahnen zu weisen. Seither sind die großen Katholikentage ebenso wie die besonderen Elitegemeinschaften um den Altar von diesen Meßformen inspiriert worden; sie wurden in vielen Pfarreien Gemeingut aller. Hiefür zollt der österreichische Episkopat dem Klerus, besonders allen Seelsorgern, Dank und Anerkennung. Gerade diese liturgische Entwicklung im deutschen Sprachbereich hat im Konzil ihren Niederschlag gefunden. Unterdessen hat eine Reihe höchster kirchlicher Dokumente des Apostolischen Stuhles die liturgische Erneuerung als Hauptanliegen betrachtet. In allen diesen Entscheidungen wurde die größere Verwendung der Volkssprache, die deutschen und österreichischen Diözesen durch Privilegienrecht zustand, berücksichtigt. Liturgie auf dem Konzil Als Johannes XXIII. das II. Vatikanische Konzil ausschrieb, wollte er ihm eine praktische pastorelle Richtung geben. So fiel die Erneuerung der Liturgie dem Konzil als besonders wichtige Aufgabe zu. Neben den anderen Vorbereitungskommissionen wurde auch eine für die Liturgie geschaffen. Durch Johannes XXIII. wurde die ganze katholische Welt aufgerufen, Anregungen, Vorschläge und Wünsche an das Konzil gelangen zu lassen. Sie sind heute in 17 Bänden zusammengefaßt. Darunter bezieht sich wohl ein großer Teil auf den Gottesdienst. Damit war auch schon die erste liturgische Wunschliste für die Vorbereitungskommission gegeben. Sie setzten sich aus Bischöfen und Liturgiefachleuten der ganzen Welt zusammen. Diese haben in gemeinsamer Arbeit die erste, noch provisorische liturgische Konstitution geschaffen, die schon bald der Zentralkommission des Konzils vorgelegt wurde. Sie hat einzelne wenige Sätze gestrichen, im übrigen aber die Aufstellung als Ganzes gelassen. Als im Oktober 1962 das II. Vatikanische Konzil tatsächlich zusammentrat, wurde diese Vorlage (Schema) als erste in Behandlung genommen. Die Auseinandersetzungen, welche die Fragen des Gottesdienstes in der Konzilsaula ausgelöst haben, sind durch die Konzilspresse allen bekannt geworden. Manchmal schien es aussichtslos, den Reformen Anerkennung zu verschaffen. Aber die Erneuerung der Liturgie hatte soviel Boden gewonnen, daß schon die erste Abstimmung über das Schema als Ganze eine überwältigende Zustimmung erlangen konnte. Unterdessen wurden gleich am Beginn des Konzils die Kommissionen neu bestellt. Andere Kräfte kamen dadurch auch in die Kommission für Liturgie. Die Debatten in der Konzilsaula für und wider die Vorlage wurden der neuen Kommission zugeleitet. Sie hat diese Wünsche soweit als möglich berücksichtigt und die Vorlage in der II. Konzilsperiode wieder der Aula zugeführt. Über jede Veränderung mußte eigens abgestimmt werden. Ganze Reihen von Abstimmungen waren dazu notwendig. Die Konstitution hat auch alle diese Stationen glücklich passiert. Bei den Schlußabstimmungen über die einzelnen Kapitel konnten noch einmal Vorbehalte erhoben werden; dies ist sehr reichlich geschehen: bei manchen Kapiteln waren es über 1000. Sie wurden von der Kommission neuerdings bearbeitet, und es wurden Neutextierungen vorgeschlagen, bis die ganze Vorlage ihre Annahme fand. So münden in die Constitutio de Sacra Liturgia alle Einzelvorschläge ein, die vor dem Konzil erhoben wurden, alle Erfahrungen der Mitglieder der beiden Kommissionen, alle Wünsche der Konzilsväter, die mündlich und schriftlich erhoben wurden, dadurch aber auch alle Erwartungen der Diözesen, des Klerus und des katholischen Volkes der ganzen Welt, da die Konzilsväter ja immer mit dem Blick auf ihre Diözese und ihre Priester die Stimme erheben. Die neue Konstitution hat gewiß durch die Approbation des Heiligen Vaters ihre Rechtskraft erhalten, sie ist aber auch ein Dokument, an dem die ganze Kirche mitgewirkt hat. Die Tatsache möge im Klerus eine heilige Ehrfurcht hervorrufen sowie ein großes Verlangen, ihren Geist zu verstehen und ihre Aufträge durchzuführen. Einzelne Grundgedanken der Konstitution 1. Erstes Ziel der konziliaren Sicht der Liturgie ist sicher die aktive Teilnahme aller, die beim Gottesdienst beteiligt sind, wobei jedes Glied zu sprechen, zu singen und zu tun hat, was ihm zukommt. Zu einer solchen fruchtbaren Teilnahme gehört natürlich eine größere Verwendung der Volkssprache, als dies bisher möglich war. Sie darf daher gebraucht werden in den Lesungen, im Fürbittgebet und in den Gesängen; im 2. Kapitel über die Eucharistie ist noch genauer bestimmt und zusätzlich verordnet, daß die Muttersprache bei den Lesungen und im Ordinarium sowie im Proprium, das sind die Volksteile der heiligen Messe, verwendet werden darf. Die Ermächtigung gilt in der gleichen Weise von der Missa lecta cum populo wie in der Missa cantata; wobei zu beachten ist, daß die Konstitution erst am 1. Fastensonntag 1964 rechtswirksam wird. Außerdem sind dafür die näheren Weisungen der Bischofskonferenz und ihre Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl abzuwarten. Für die österreichischen Diözesen bedeutet dies insofern einen Fortschritt, weil nun der Priester die Perikopen in der Volkssprache übernehmen kann (nicht muß). Der Vorbeter kann beibehalten werden. Bei Priestergebeten (Meßoration, Präfation) wird bei der Missa lecta nach wie vor der Vorbeter benötigt. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß nun die Bischofskonferenzen eigene Meßordnungen zu erstellen haben, die der Bestätigung des Apostolischen Stuhles bedürfen und dann in der Diözese eingehalten werden müssen. Bis dahin gilt die derzeitige "Allgemeine liturgische Meßordnung". 2. Die Liturgie des Konzils will der Heiligen Schrift größere Beachtung schenken: Mensa verbi. Durch die Bereicherung der Liturgie mit Schrifttexten, durch die wechselnden Perikopen bei der Meßfeier und im Brevier sollen größere Teile des Gotteswortes regelmäßig Priester und Volk vermittelt werden. Es ist daran gedacht, die Perikopen der heiligen Messe nicht nur auf ein Jahr wie bisher zu verteilen, sondern auf drei oder vier Jahre. Ein eigener Schriftgottesdienst (etwa anstatt der Andachten) soll in Zukunft geschaffen werden, der in Missionsgebieten, wenn Priester fehlen, auch von einem Laien gehalten werden kann. Es sei vorweggenommen, daß die Ausarbeitung dieser Perikopen, ihre Verteilung im Meßbuch und Brevier auf mehrere Jahre, lange Zeit in Anspruch nehmen wird, sicher mehr als fünf Jahre. Es besteht kein Grund, den Bezug von Meßbüchern einzustellen. 3. Ferner will das Konzil die Liturgie als besondere Glaubensschule betrachten. Dazu drängen die Länder der Verfolgung, die keine andere Möglichkeit haben, an die Gläubigen heranzukommen, als eben den Gottesdienst; ebenso die Missionen, die den Priester nur selten anwesend haben. Kult und Glaubenspredigt müssen so gleichzeitig übernommen werden. Aber auch der Christ in unseren Ländern bedarf der Glaubensschule, die vom Gottesdienst, vom Gotteswort, von der Homilie ihren Ausgang nimmt. Die liturgische Schulung wird daher schon in der theologischen Ausbildung zur Pflicht gemacht. Bischof und Priester müssen von der Liturgie durchdrungen sein. Bischofskirche und Pfarrkirche müssen die primären Vorbilder des Gottesdienstes bilden. Die liturgische Predigt, die Erklärung der gottesdienstlichen Handlungen, wird besonders empfohlen. Damit ein solches Ziel erreicht werden kann, wird die Neuausgabe der Ritualien verlangt, ebenso die Anpassung der Gebete und Handlungen an das heutige Denken. Für Missionsgebiet wird sogar vorgesehen, daß Kultelemente der Eingeborenen in die Liturgie der Kirche übernommen werden können. Wie zu verstehen ist, erfüllt die Konstitution nicht alle Wünsche, die von verschiedenen Seiten aus unseren Diözesen erhoben wurden; sie wollte aber vor allem keinen liturgischen Umsturz bringen, sie hätte sonst keine Majorität in der Konzilsaula finden können. Die Liturgie der Weltkirche muß auch auf die ganze Welt, auf alle Diözesen Rücksicht nehmen. Eine Liturgie, die nichts Gemeinsames mehr enthielte, könnte nicht mehr Ausdruck einer Kirche, einer Gnade und eines Glaubens sein. Alle Bischöfe, die Zeugen des Ringens um eine Reform des Gottesdienstes waren und dieses Bemühen bis in die innersten Phasen miterlebten, müssen bekennen, daß viel mehr erreicht werden konnte als man verschiedentlich hoffen durfte. Es wäre einseitiger Individualismus, auf weitergehende und bevorzugte Forderungen zu bestehen; es wäre vor allem ein schlechter Dienst an der Gesamtkirche. Die Bischöfe erwarten, daß Art. 22, § 3 der Konstitution genau beobachtet wird: "Niemand anderer darf, auch wenn er Priester ist, irgend etwas willkürlich bei der Liturgie hinzufügen, wegnehmen oder verändern!" Verpflichtender Charakter der Konstitution Konzilskanones haben in der Kirche höchsten Gesetzesrang. Alle anderen Gesetze, Verordnungen und Gepflogenheiten müssen sich danach richten. Die schon ergangenen kirchlichen Dokumente, die päpstlichen Erklärungen, das kirchliche Gesetzbuch und vieles andere müssen sich darnach orientieren und müssen natürlich geändert werden. Jedes Gesetz hat eine "vacatio legis". Für Konzilsbeschlüsse muß das eigens bestimmt werden. Der Heilige Vater hat dies getan und diesbezüglich verordnet: Die Frist zur Promulgation der Konstitution läuft am 16. Februar 1964 ab. Damit wird sie am 1. Fastensonntag 1964 in Kraft gesetzt. Da die Neuordnung der Liturgie mehrere verschiedene Autoritäten in der Kirche berührt und die Konstitution eigens betont und angibt, welche Stellen noch für die Reformen, über ihren Beginn und Umfang zuständig sind, ist der Beginn der Rechtswirkung einzelner Artikel sehr verschieden. Zur Information seien im folgenden drei Gruppen von Bestimmungen genannt, bei denen der Beginn der Verpflichtung oder des Rechtes der Benützung jeweils verschieden ist: 1. Gruppe: Alle Artikel, die einen bestimmten Lehrinhalt zum Gegenstand haben oder die Erklärungen grundsätzlicher Art enthalten. Ferner solche Artikel, die sofort nach Ablauf der "Vacatio legis" verpflichten oder deren Ermächtigung sogleich in Anspruch genommen werden kann, ohne jede Intervention einer übergeordneten Autorität wie Bischof, Bischofskonferenz, Apostolischer Stuhl. 2. Gruppe: Diese Artikel können erst durchgeführt werden, wenn die zuständige Bischofskonferenz die nötige Vorentscheidung getroffen hat; diese bedarf außerdem der Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl. 3. Gruppe: Sie wird durch jene Artikel gebildet, die zu ihrer Durchführung einer Entscheidung oder Neuordnung durch den Apostolischen Stuhl bedürfen. Im Anhang wird eine Übersicht gegeben, die den Beginn des Inkrafttretens einzelner Artikel angibt. Bei der Approbation der Constitutio de Sacra Liturgia hat der Heilige Vater ausdrücklich verfügt, daß bis zur Durchführung einzelner Artikel noch besondere päpstliche Weisungen abzuwarten sind. Dies wird hiermit auch dem Klerus bekanntgegeben. Folgerungen 1. Dort und da könnte die Neigung aufkommen, es müsse im liturgischen Bereich überall ein neuer Boden gelegt werden und alles bisher Geltende sei überholt. Demgegenüber sei festgestellt, daß die bisher geltenden Normen über die Gestaltung der heiligen Messe und über die Spendung der Sakramente weiter bestehen; dies gilt besonders von der Allgemeinen liturgischen Meßordnung. Es wäre ebenso falsch zu meinen, es sei bis zum Inkrafttreten der neuen Bestimmungen nichts zu tun. Die Teilnahme des Volkes, das schöne Beten und Singen, die Verbreitung der Meßbücher, die Meßfeier mit Kommunionempfang möglichst vieler, eine männliche Gestaltung des Gottesdienstes, Schulung und Ausbildung in den allgemeinen liturgischen Gesichtspunkten der Chormitglieder, der Vorbeter, der Meßdiener, läßt so viele Aufgaben offen, die alle unmittelbar in die Konstitution einmünden und für eine erfolgreiche Durchführung nach Eintritt der Rechtsverbindlichkeit Voraussetzung sind. Es sei auch darauf hingewiesen, daß die Missa cantata (Hochamt) in der bisherigen Form weiter bestehen bleibt, nur daß nach Bewilligung durch die zuständige Autorität (Bischofskonferenz, Apostolischer Stuhl) die Perikopen, das Ordinarium und das Proprium auch in deutscher Sprache gesprochen bzw. gesungen werden können. Es wird zur strengen Pflicht gemacht, diese Zeit abzuwarten, die länger dauern kann, weil verschiedentlich auch die Fühlungnahme mit anderen Bischofskonferenzen des gleichen Sprachbereiches gefordert wird; dies kann immerhin nicht sogleich erfolgen. 2. Die neue Konstitution bekämpft ganz besonders Eigenmächtigkeit in der Liturgie. Alle Gegner der liturgischen Erneuerung haben die Befürchtung ausgesprochen, die begehrten Reformen würden zum Verlust der Einheit beim Gottesdienst führen. Es ist nun an der Zeit, das Gegenteil zu beweisen. Gerade dieses Konzil hat bei Behandlung der Liturgie gezeigt, daß es die Ordnung eines großen Anliegens in die Hand nehmen kann, und der dem Konzil verheißene Heilige Geist mag sicher dafür Garant sein, daß die Erfüllung der Konstitution der Kirche, den Diözesen, den Ordensfamilien und den Pfarreien einen liturgischen Frühling bescheren wird. Das mehrfache Opfer des Gehorsams, der Einfügung und des Verzichtes auf Eigenbrötelei wird diesen Segen vermehren. 3. In der neuen Konstitution wird die Liturgie der Zukunft nicht etwa nur von oben bestimmt. Ja, große Aufgaben bei der Durchführung entfallen auf kollegiale Körperschaften, deren größte ja das gegenwärtig tagende Konzil darstellt. Vorbereitungskommission und Konzilskommission haben wesentlich mitgewirkt. Den Bischofskonferenzen werden die Liturgiekommissionen und die Kommissionen für Kirchenmusik beratend zur Seite stehen, wie es für den Bereich der österreichischen Bischofskonferenz ja schon immer geschieht. Diese Gremien setzen sich selbst wieder aus den Diözesanvertretern zusammen. In den Diözesen ist jeweils eine Kirchenmusik- und Liturgiekommission. In diesen wird die diözesane Arbeit besprochen; sie sind es, die den Ordinarius beraten. Die österreichischen Bischöfe werden sich gern dieses Rates bedienen. Darin sollen alle liturgischen Bemühungen einmünden und eine gebotene Einheit in der Vielheit gewährleisten. Die Konstitution geht noch einen Schritt weiter: sie verlangt auch Kontakt mit anderen Bischofskonferenzen desselben Sprachbereiches, damit an den Grenzen keine schroffen Unterschiede entstehen können. Wenn die Kirche solche Forderungen in einem Konzilsdokument erhebt, dann ist es wohl begreiflich, daß das Gemeinwohl der Kirche im Gebiet einer Bischofskonferenz und erst gar in einem Kirchengebiet den Vorrang haben muß. Die Bischöfe Österreichs, noch in Rom versammelt, appellieren an die Solidarität des ganzen Welt- und Ordensklerus. Schluß In der Heiligen Schrift werden wir gemahnt: "An den Früchten werden ihr das Gute erkennen." An den Segnungen müssen wir die neue Konstitution erkennen können. Liturgie ist das Ziel, in das jede Aufgabe der Kirche einmündet, sie ist auch die Quelle, aus der jede Kraft der Kirche strömt (Art. 10). Aus einer erneuerten Liturgie muß neues Leben sprossen, eine christliche Jugend, christliche Familien - Väter und Mütter. Von ihr müssen unsere Laienapostel erfüllt sein, bevor sie das Apostolat ausüben. Schließlich und nicht zuletzt muß ein erneuerter Gottesdienst die Priester.- und Ordensberufe sowie die Schwesternberufe reifen lassen, die wir so nötig haben. In Ihre Hände, hochwürdigste und hochwürdige Mitbrüder, übergeben die Bischöfe in der Zeit des II. Vatikanischen Konzils die neue Constitutio de Sacra Liturgia. Es ist ein großes Pfund, das Ihnen anvertraut ist. Seien Sie unsere engsten Mitarbeiter und getreuesten Verwalter! Rom, am Tage der Bestätigung der Constitutio de Sacra Liturgia durch den Heiligen Vater Paul VI., am 4. Dezember 1963. Die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs B. Anhang zum Pastoralschreiben der österreichischen Ordinarien I. Nach Ablauf der Promulgationsfrist treten folgende Bestimmungen mit Rechtswirksamkeit vom 1. Fastensonntag 1964, 16. Februar, sogleich in Kraft. (Diese und folgende Aufstellungen beziehen sich nur auf die wichtigsten Artikel). 1. Art. 15 - 17 / Bestimmungen über den Liturgieunterricht an den Universitäten und Studienhäusern der Orden. 2. Art. 45 u. 46 / Errichtung einer diözesanen Liturgiekommission, falls noch keine besteht. 3. Art. 52 / Verpflichtung zu einer Homilie in bestimmten Messen an Sonn- und Feiertagen. 4. Art. 78 / Fakultative Spendung des Ehesakramentes innerhalb der heiligen Messe, und zwar nach dem Evangelium und der Homilie. 5. Art. 78 / Bei einer Eheschließung außerhalb der Messe sind Epistel und Evangelium aus der Brautmesse vorzulesen. 6. Art. 94 / Übereinstimmung zwischen den Horen des Offiziums und der Tageszeit möge beachtet werden. 7. Art. 95 u. 96 / Die Verpflichtung zum Offizium für Religiosen, Kathedralkapitel und andere Form des Offiziums. 8. Art 97 b / Vollmacht für den Ordinarius, seine Untergebenen vom Offizium zu dispensieren bzw. zu substituieren. 9. Art. 101 / Vollmacht für den Ordinarius zur Erteilung von Einzelbewilligungen, das Brevier in der Volkssprache beten zu können (§ 1). Desgleichen für die kompetenten Ordensoberen für deren Untergeben (§ 2). (Dabei ist jedoch II,11 zu beachten.) II. Artikel der Konstitution über die heilige Liturgie, die vor Inkrafttreten von den einzelnen Bischofskonferenzen zu ordnen sind: 1. Art. 36,3 u. 4 / Approbation der Volkssprache und der Übersetzungen, die in der Liturgie verwendet werden. 2. Art. 38, 39, 40 / Weisungen für die Anpassung der Liturgie. 3. Art. 44 / Bestellung der nationalen Liturgiekommission. 4. Art. 54 / Festlegung und Verwendung der Volkssprache in der Messe. 5. Art. 63 a / Festlegung und Verwendung der Volkssprache bei der Sakramentenspendung und bei Sakramentalien. 6. Art. 63 b / Neue Ritualien nach Herausgabe des Rituale Romanum. 7. Art. 65 / In den Missionsländern Einbau der Volkselemente nach Art. 37 - 40. 8. Art. 76 / Volkssprache in der Ansprache des Bischofs bei den einzelnen Weihen. 9. Art. 77 / Erstellung eines Trauungsritus, falls notwendig (sofort). 10. Art. 81 / Desgleichen bei Begräbnissen. 11. Art. 101 / Approbation des Volkssprache-Breviers für Einzelbewilligungen. 12. Art. 107 / Anpassung der Liturgie des Kirchenjahres nach den Ortsverhältnissen, soweit notwendig. 13. Art 110 / Empfehlung der Bußpraxis nach den Ortsgegebenheiten. 14. Art. 119 / Anpassung der Kirchenmusik an die Musik der Missionsgebiete. 15. Art. 120 / Erlaubnis besonderer Instrumentalmusik beim Kult. Anpassung der heiligen Geräte zum Gottesdienst nach erfolgter Neuordnung durch die postkonziliare Kommission. III. Artikel der Konstitution, die vom Apostolischen Stuhl zu ordnen sind: 1. Art. 21, 23, 25, 28, 31, 34, 35 nr. 1 u. 2, 38 / Allgemein Bestimmungen. 2. Art. 50 / Neuordnung des Ordo Missae. 3. Art. 51 / Aufstellung neuer Perikopenreihen mit Verteilung auf mehrere Jahre., 4. Art 53 / Ausarbeitung der "Oratio communis seu fidelium". 5. Art. 55 / Festlegung der Anlässe zur Kommunion unter beiden Gestalten sowie deren Ritus. 6. Art. 58 / Erstellung des Ritus der Konzelebration vor Erlaubnis des Art. 57 (Konzelebration). 7. Art. 66 / Neuer Taufritus für Erwachsene und Kinder, sowie eigene Messe bei Taufspendung, 8. Art. 69 / Neuer Ritus bei Nachholung der Taufzeremonien. 9. Art. 70 / Neuer Ritus für Taufwasserweihe außerhalb der Osterzeit. 10. Art. 71 / Neuordnung des Firmritus mit Erneuerung des Taufversprechens und Firmspendung fakultativ innerhalb der Messe. 11. Art 72 / Neuordnung des Ritus und der Form der Beichte. 12. Art. 73 / Ritus der Spendung der Krankenölung und des Viaticums nacheinander. 13. Art. 75 / Neuordnung des Ritus der Krankenölung. 14. Art. 76 / Neuordnung des Ritus der Weihen. 15. Art. 76 / Instruktion über Handauflegung aller bei einer Bischofskonsekration anwesenden Bischöfe. 16. Art. 77 / Neuordnung des Ritus der Ehespendung. 17. Art 77 / Brautsegen. 18. Art. 78 / Brautsegen außerhalb der Messe. 19. Art. 79 / Neuordnung der Sakramentalien. 20. Art. 80 / Neuordnung des Ritus für Jungfrauenweihe. 21. Art. 80 / Neuer Ritus für Profeß der Religiosen und Profeßerneuerung. 22. Art. 81 u. 82 / Neuer Begräbnisritus für Erwachsene und Kinder. 23. Art. 87, 88, 89, 90 b, 91, 92, 93 / Neuordnung des Officium divinum. 24. Art. 97 a / Substitution des Offiziums durch andere liturgische Aktionen. 25. Art. 107 - 109 / Neuordnung des Kirchenjahres und des Heiligenkalenders. 26. Art. 117 / Neuausgabe der Choralbücher. 27. Art. 128 / Neuordnung der Bestimmungen über Kirchen, Altäre, heilige Orte und kirchliche Geräte. 28. Art. 130 / Dekret über den Gebrauch der Pontifikalien. [ENDE DES DAMALIGEN PASTORALSCHREIBENS ZUR LITURGIEKONSTITUTION DES XXI. ÖKUMENISCHEN KONZILS DER KATHOLISCHEN KIRCHE.] Interessant ist vielleicht auch noch ein kurzes Beiblatt des damaligen Wiener Erzbischofs, Franz Kardinal König, zur Übersendung der Konzilskonstitution, das ich hier auch noch übernehme, weil es ebenso die Richtung und die damaligen Erwartungen aufzeigt: [BEGINN DES KURZBRIEFES DES WIENER ERZBISCHOFS ZUM LATEINISCH-DEUTSCHEN TEXT DER LITURGIEKONSTITUTION:] DER ERZBISCHOF VON WIEN HOCHWÜRDIGER MITBRUDER! Als nachträglichen Neujahrsgruß - wegen der verspäteten Spedition - überreich ich Ihnen die Konstitution über die heilige Liturgie. Ich begreife die Freude der Mitbrüder, die bei manchen so groß ist, daß sie am liebsten gleich mit den verschiedenen liturgischen Reformen beginnen möchten. Doch muß ich im Interesse der Einheit der Diözese und der Wahrung des Ansehens der Kirche um strikte Disziplin ersuchen. Eigenmächtiges Experimentieren kann der Sache nur schaden und das Gute der Neuordnung der Liturgie nur gefährden. Darum empfehle ich die Konstitution zum Studium und bitte, die diesbezüglichen kirchlichen Weisungen gewissenhaft abzuwarten. Wien, am 15. Jänner 1964 / Franciscus Kardinal König, Erzbischof [ENDE DES KURZBRIEFES VON KARDINAL KÖNIG.] Nicht nur Kardinal König hat Jahrzehnte später zugegeben, daß die Liturgiereform in der lateinischen Kirche in einigen Teilkirchen zu rasch vorgenommen wurde, und Papst Benedikt XVI. wollte gerade auf dieser Ebene für einen besseren organischen Anschluß der durchgeführten Liturgiereform sorgen, auch durch die Stärkung der Präsenzmöglichkeiten der älteren, außerordentlichen Form der lateinischen Liturgie. Ob damit langfristig eine größere Harmonie im lateinischen Ritus gefunden wird, muß sich noch in vielen Jahrzehnten kirchlichen Lebens zeigen. Einige Erwartungen der damaligen Konzilsväter und Konzilszeugen haben sich also durchaus erfüllt, viele andere Übererwartungen haben aber zur totalen Enttäuschung auf allen Seiten geführt, vor allem bei Priestern in der Pfarrseelsorge. Manches ist in ein Extrem gekippt: ein "Schriftgottesdienst" (Wortgottesdienst) war ja nicht als völliger Ersatz des reichen katholischen Andachtslebens geplant, aber die praktische Zerstörung weiter Bereiche der Volksfrömmigkeit hat massive Konsequenzen für die geistlichen Berufungen gezeitigt. Und der Trend zur regelmäßigen Kommunion vieler Gläubigen unter gleichzeitiger radikaler Vernachlässigung des Bußsakramentes war ebensowenig von den Vätern angepeilt. Und wenn wir oben noch ganz unvoreingenommen vom Begriff der "Elite" lesen, so ist heute mehr denn je klar, daß es im liturgischen Bereich weder im fortschrittlichen noch im traditionalistischen Sinne "Elitegemeinschaften" geben dürfe. In Wirklichkeit schaden sie der universalen Dimension unserer Katholischen Kirche, die ja nicht nur aus der davon primär betroffen gewesenen lateinischen Kirche, sondern aus insgesamt 23 Eigenrechtskirchen besteht. Nach dem all zu politisch herbeigeredeten, aber dann mit großer Ausgewogenheit herausgekommenen berühmten Motu Proprio Summorum Pontificum und nach dem ganzen Pontifikat von Benedikt XVI. hat sich also in der grundsätzlichen Ausrichtung im liturgiereformerischen Bereich etwas geändert: es gibt nicht nur ein Nach-Vorne ohne Wurzeln, sondern es gibt so etwas wie ein paralleles Nebeneinander, das sich befruchten sollte, das aber in der Praxis auch nicht auf der gleichen "Stärke" beruht und beruhen kann, sondern durch das wiederentdeckte Kirchenrecht ist sichergestellt, daß die letztlich vom Konzil - selbst gegen andere Erwartungen von vielen Konzilsvätern - doch angestoßene Liturgiereform in ihrer mehrheitlichen Ausdehnung immer wieder Rückgriff und Orientierung nehmen kann bei den älteren Formen, nicht nur des lateinischen Ritus. Andere Riten in der Kirche haben heute sogar den großen Vorteil, aus den Fehlern einer in der Praxis all zu unorganisch und teilweise überstürzt durchgeführten Alles-Oder-Nichts-Reform im lateinischen Ritus lernen zu können. Es ist wohltuend, nach 50 Jahren zu lesen, daß schon damals von den Vätern davon ausgegangen wurde, daß die neue Liturgiekonstitution ganz besonders Eigenmächtigkeiten in der Liturgie bekämpfe, um die Einheit im Gottesdienst zu wahren. Ausgerechnet auf diesem Gebiet sind jedoch - eingebettet in die gesellschaftlichen Entwicklungen und in die Schnelligkeit der diesbezüglichen Umwandlungen - die meisten Fehlleistungen passiert, wenn auch nicht in allen Ländern. Gut gemeint war also vieles, wenn wir aus den oben abgedruckten 50 Jahre alten Worten der katholischen Bischöfe Österreichs zitieren: die Liturgiekonstitution des letzten Konzils "wollte vor allem keinen liturgischen Umsturz bringen, sie hätte sonst keine Majorität in der Konzilsaula finden können. Die Liturgie der Weltkirche muß auch auf die ganze Welt, auf alle Diözesen Rücksicht nehmen. Eine Liturgie, die nichts Gemeinsames mehr enthielte, könnte nicht mehr Ausdruck einer Kirche, einer Gnade und eines Glaubens sein. Es wäre einseitiger Individualismus, auf weitergehende und bevorzugte Forderungen zu bestehen; es wäre vor allem ein schlechter Dienst an der Gesamtkirche." In einigen Gebieten der lateinischen Kirche starben dann aber nicht wenige Kleriker im passiven Widerstand gegen derartige Entwicklungen, ohne je zu ahnen, daß eines Tages ein Papst wie Benedikt XVI. erwählt würde, um dem Ganzen der (lateinischen) Liturgie wieder ihre Ausgewogenheit zu schenken. Heute sind viele realistischer geworden, und das ist auch gut so, denn Übererwartungen führen sogar im kirchlichen Bereich nur zu Enttäuschungen. Wir müssen immer natürliche und übernatürliche Gegebenheiten zusammenschauen, um nicht abzudriften vom großen Weg der Kirche in Gemeinschaft mit dem jeweiligen Papst. Ob sich jemals noch so etwas wie ein liturgischer Frühling auftut, kann ich nicht beurteilen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn Priester und Getaufte aus den Auseinandersetzungen der letzten 50 Jahre gerade im liturgischen Bereich vieles gelernt hätten. Es darf nie mehr passieren, daß die Sendung der Gesamtkirche wegen sinnloser und energieverschwenderischer innerer Auseinandersetzung im Bereich der liturgischen Verherrlichung Gottes und der Einbeziehung der Mitfeierenden ausgerechnet von der mitgliederstärksten lateinischen Kirche geschwächt würde. Und so liegt die Hoffnung vieler Katholiken und Katholikinnen ganz bei Seiner Heiligkeit Papst Franziskus, daß ihm diese Konzentration auf die eigentliche Sendung der Kirche ausgehend vom laufenden Jahr des Glaubens gelingen möge. Und so wünsche ich allen Lesern und Leserinnen einen schönen Monat Mai voll von der Verehrung der Mutter unseres Herrn Jesus Christus, der Gottesmutter Maria! Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik P. S.: Kommentare zu diesem historischen Hirtenbrief sind natürlich willkommen, vor allem auch zur interessanten Frage, ob die von den katholischen Bischöfen Österreichs vor 50 Jahren auf Basis des Konzils angesprochene und offenbar erwartete "männliche Gestaltung des Gottesdienstes" auch nur ansatzweise gelungen ist, geschweige denn, ob heute überhaupt noch jemand begreift, was damit damals gemeint war und heute damit gemeint sein kann. Thursday, February 28. 2013
ZUM RECHTSKRÄFTIGEN RÜCKTRITT VON ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Katholische Lehre, Kirchenrecht, News Kommentare at
20:00
Comments (0) Trackback (1) ZUM RECHTSKRÄFTIGEN RÜCKTRITT VON PAPST BENEDIKT XVI.
Seine Heiligkeit Benedikt XVI. hat am 11. Februar 2013 nachweislich aus freien Stücken heraus auf das ihm von Gott selbst anvertraute Petrusamt mit Datum vom heutigen 28. Februar und mit der in Rom geltenden Uhrzeit 20.00 Uhr verzichtet, sodaß ab jetzt der Stuhl des heiligen Apostelfürsten Petrus leer (vakant) ist und die geltenden Bestimmungen zur Erwählung eines neuen Papstes volle Beachtung finden müssen. Da das Papstamt keine sakramentale Weihe (kein Sakrament) ist, bleibt es dem Träger auch nach seinem Amtsverzicht nicht so wie die heilige Taufe, die heilige Firmung und die drei Stufen des heiligen Weihesakramentes (Diakon, Priester, Bischof) erhalten. Sakramental ist der Papst immer Bischof, nämlich als Papst der Bischof von Rom, nunmehr jedoch emeritierter Diözesanbischof von Rom bzw. emeritierter Papst, und vom Sakrament her ist er katholischer Bischof ohne Regierungsaufgaben. Wenn Benedikt Joseph Ratzinger nun weiterhin als "Heiligkeit" angesprochen wird und auch eine weiße Soutane tragen sollte, so ist dies von der sakramentalen Struktur und vom göttlichen Recht in der Kirche Christi, daß es immer nur einen Papst geben kann, vielleicht schwer verständlich. Ich verstünde es eher vom völkerrechtlichen Standpunkt her: immerhin ist der Papst die einzige natürliche Person der Welt, welche auch Völkerrechtssubjekt ist, was normalerweise nur Staaten sind, nicht jedoch der Staat der Vatikanstadt, denn dieser ist dem Vatikan, dem Heiligen Stuhl unterstellt, und eben dieser Heilige Stuhl ist Völkerrechtssubjekt, und er war es auch, als es kein "staatliches" Territorium gab. Und eben der Heilige Stuhl ist der Papst. Nur von dieser internationalen Ebene her könnte ich also verstehen, daß auch gegenüber anderen Völkerrechtssubjekten und Präsidenten es angemessen sein könnte, daß er äußerlich nicht völlig zurückgestuft wird, sondern als Emeritus auch noch äußere Zeichen tragen darf, die mit seinem zu 100 % verlorengegangenen Petrusamt zusammenhängen.
Mit den am 10. Februar 2013 vorformulierten lateinischen Worten trat Papst Benedikt XVI. zurück (entnommen der mittlerweile in sieben Sprachen übersetzten Declaratio vom 11. Februar 2013, vgl. auch das Video): "Fratres carissimi! Non solum propter tres canonizationes ad hoc Consistorium vos convocavi, sed etiam ut vobis decisionem magni momenti pro Ecclesiae vita communicem. Conscientia mea iterum atque iterum coram Deo explorata ad cognitionem certam perveni vires meas ingravescente aetate non iam aptas esse ad munus Petrinum aeque administrandum. Bene conscius sum hoc munus secundum suam essentiam spiritualem non solum agendo et loquendo exsequi debere, sed non minus patiendo et orando. Attamen in mundo nostri temporis rapidis mutationibus subiecto et quaestionibus magni ponderis pro vita fidei perturbato ad navem Sancti Petri gubernandam et ad annuntiandum Evangelium etiam vigor quidam corporis et animae necessarius est, qui ultimis mensibus in me modo tali minuitur, ut incapacitatem meam ad ministerium mihi commissum bene administrandum agnoscere debeam. Quapropter bene conscius ponderis huius actus plena libertate declaro me ministerio Episcopi Romae, Successoris Sancti Petri, mihi per manus Cardinalium die 19 aprilis MMV commisso renuntiare ita ut a die 28 februarii MMXIII, hora 20, sedes Romae, sedes Sancti Petri vacet et Conclave ad eligendum novum Summum Pontificem ab his quibus competit convocandum esse. Fratres carissimi, ex toto corde gratias ago vobis pro omni amore et labore, quo mecum pondus ministerii mei portastis et veniam peto pro omnibus defectibus meis. Nunc autem Sanctam Dei Ecclesiam curae Summi eius Pastoris, Domini nostri Iesu Christi confidimus sanctamque eius Matrem Mariam imploramus, ut patribus Cardinalibus in eligendo novo Summo Pontifice materna sua bonitate assistat. Quod ad me attinet etiam in futuro vita orationi dedicata Sanctae Ecclesiae Dei toto ex corde servire velim." In der vom Heiligen Stuhl angebotenen deutschen Übersetzung lauten diese Worte so: "Liebe Mitbrüder! Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewißheit gelangt, daß meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewußt, daß dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, daß ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen. Im Bewußtsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so daß ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muß. Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen." Damit steht fest, daß der vormalige Papst Benedikt XVI. so, wie vom Kirchenrecht (vgl. can. 332 § 2 CIC bzw. can. 44 § 2 CCEO, vgl. auch Universi Dominici Gregis, Nr. 77) und zur Gültigkeit eines solchen Rücktritts verlangt, frei gehandelt hat und diese seine Entscheidung auch hinreichend kundgemacht wurde. Was für mich eine Besonderheit darstellt, weil wir das in den kirchenrechtlichen Studien nie bedacht oder behandelt hatten und weil ich mir auch nicht vorstellen kann, daß es schon einmal in der Kirchengeschichte einen solchen terminierten Papstrücktritt gegeben hätte, ist eben die konkrete Frist vom 11. bis 28. Februar 2013, also als Papst im Präsens zu sagen, daß man zurücktrete, jedoch die Rechtskraft dieses Rücktritts erst 17 Tage später eintreten zu lassen. (Auch von daher bin ich der Ansicht, daß sämtliche historischen Vergleiche mit zurückgetretenen Päpsten nicht wirklich möglich sind.) Diese konkrete Festlegung eines Rücktrittstermines steht dem Papst kraft göttlichen Rechtes zweifellos zu, aber ich weiß nicht, ob schon jemand spekulativ an eine solche Vorgehensweise gedacht hatte. Wir hatten beim Studium immer gehört, daß ein Papst mit der freien und öffentlichen Erklärung seines Rücktrittes auch sofort sein Petrusamt vollständig verliere. Damit aber wurde insofern kirchenrechtliches Neuland betreten, als plötzlich die Möglichkeit im Raum stand, daß Benedikt XVI. noch bis um 19.59 Uhr diese seine Rücktrittserklärung widerrufen hätte können. Bekanntlich ist der Papst - abgesehen von Heiligsprechungen - bei Personalentscheidungen nicht unfehlbar, auch nicht was eine solche auf ihn selbst bezogene Entscheidung betrifft. In den kirchenrechtlichen Lehrbüchern war jedoch überall nachzulesen, daß ein Rücktritt nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, weil eben offensichtlich immer davon ausgegangen wurde, daß ein solcher Papst nach seiner Erklärung automatisch sein Amt verlieren würde, was ja auch weiterhin stimmt. Hätte Benedikt XVI. keinen Zeitpunkt genannt, dann wäre er nach den oben zitierten lateinischen Worten sofort seines Amtes verlustig gegangen, und noch am 11. Februar hätte alles für die Wahl des neuen Papstes vorbereitet werden müssen. Zwar war der von Benedikt XVI. gewählte Zeitraum von mehr als zwei Wochen sicherlich der richtigen Interpretation seines Rücktritts und einer gewissen "Verdauungsphase" auf allen Ebenen der Kirche (und der Welt) dienlich, aber ich sehe trotzdem bei solchen Fristen (um so länger sie laufen würden) einige Risiken, nämlich kirchenpolitischer Art, daß also bestimmte Gruppen noch bis zum letzten Moment versuchten, "ihre Leute" an diese und jene Stellen zu bringen, bevor die Sedisvakanz eintrete. Ja, ich gebe es ehrlich zu: schon am 11. Februar 2013 hat mir dieser konkrete, terminierte Rücktritt nicht gefallen, auch wenn mir kein Urteil zusteht und ich die Entscheidung des früheren Papstes Benedikt XVI. voll und ganz respektiere und als Katholik auch respektieren muß. Persönlich werde ich immer gegen einen Papstrücktritt sein, und in der Kirchenrechtswissenschaft wurde immer schon von einem sehr schwerwiegenden Grund ausgegangen, der notwendig wäre, um als Inhaber des Petrusamtes guten Gewissens auf sein Amt zu verzichten. Hinzu kommt für mich einfach die ganz normale Frage des "Insiderwissens": wer hat es zuerst gewußt, wer hat dementsprechend noch gehandelt, hoffentlich mehr im Guten. Die Frage stellt sich für mich auch deshalb, weil Bruder Georg Ratzinger schon vor Monaten in die Pläne seines Bruders eingeweiht worden sein soll, auf das Amt des Papstes zu verzichten. Andere wiederum gehen gewissermaßen von einer gemeinsamen Entscheidung aus, oder sie meinen als zuverlässige Analysten, daß dieser Schritt beim letzten Papst einfach immer schon zu erwarten war, doch es sei immer um den richtigen Zeitpunkt gegangen. Sie berufen sich auch auf eines der wichtigsten Bücher zum Verstehen des früheren Papstes, nämlich auf das Interviewbuch "Licht der Welt". Und doch bleibe ich bei meiner Meinung: diese Institution göttlichen Rechtes darf niemals in absoluter Weise an "Power"-Bedingungen physischer oder psychischer Art gebunden sein. Ich widerspreche auch den Schriftstellern Martin Mosebach und Eberhard Wagner, denn der selige Johannes Paul II. konnte sehr wohl und praktisch bis zum Schluß seinen Willen klar kundtun. Ich erinnere an das noch begangene Jubiläumsjahr 2000, ich erinnere an die 2001 in seiner Hauptverantwortung vorgenommene Verschärfung der kirchenrechtlichen Bestimmungen gegen (sexuellen) Mißbrauch, und ich erinnere nicht zuletzt an seine Entscheidung für eine Apostolische Visitation des Bistums St. Pölten in dem Jahr vor seinem Tod. Obschon dann eine immer größere Mehrheit von Gläubigen und Nichtchristen, ja die klar vernehmbare Mehrheit von Kirche und Welt die Rücktrittsentscheidung von Benedikt XVI. nach vielen Maßstäben bis zum letzten Augenblick würdigte, sah sich derselbe dann aber doch verpflichtet, seinen Schritt zu verdeutlichen und auch zu rechtfertigen. Ähnlich wie bei der vorletzten (geographisch einseitig empfundenen) Berufung von Kardinälen müssen also auch ernstzunehmende kritische Stimmen eingelangt sein, vor allem wegen des noch laufenden Jahres des Glaubens und wegen der nicht mehr veröffentlichten Enzyklika über die göttliche Tugend des Glaubens. Am wichtigsten empfinde ich dabei seine gestrige Ansprache zur letzten Generalaudienz vor hunderttausenden Gläubigen, also genau einen Tag vor dem Eintreten der Rechtskraft des Amtsverzichtes. Dabei sagte Benedikt XVI., daß er die Kreuzesnachfolge keinesfalls aufgebe und auch nicht in eine Art "Privacy" zurückkehre: "Als ich am 19. April vor fast acht Jahren eingewilligt habe, den Petrusdienst zu übernehmen, hatte ich die feste Gewißheit, die mich immer begleitet hat: diese Gewißheit, daß die Kirche lebt und zwar aus dem Wort Gottes. Wie ich schon mehrmals erzählt habe, vernahm ich in meinem Innern diese Worte: 'Herr, warum verlangst du das von mir, und was verlangst du von mir? Es ist eine große Last, die du mir auf die Schultern legst, aber wenn du es von mir verlangst, werde ich auf dein Wort hin die Netze auswerfen, in der Gewißheit, daß du mich leiten wirst, auch mit all meinen Schwächen.' Und acht Jahre danach kann ich sagen, daß der Herr mich wirklich geführt hat, er ist mir nahe gewesen, täglich habe ich seine Gegenwart wahrnehmen können. Es war eine Wegstrecke der Kirche, die Momente der Freude und des Lichtes kannte, aber auch Momente, die nicht leicht waren; ich habe mich gefühlt wie Petrus mit den Aposteln im Boot auf dem See Gennesaret: der Herr hat uns viele Sonnentage mit leichter Brise geschenkt, Tage, an denen der Fischfang reichlich war, und es gab Momente, in denen das Wasser aufgewühlt war und wir Gegenwind hatten, wie in der ganzen Geschichte der Kirche, und der Herr zu schlafen schien. Aber ich habe immer gewußt, daß in diesem Boot der Herr ist, und ich habe immer gewußt, daß das Boot der Kirche nicht mir, nicht uns gehört, sondern ihm. Und der Herr läßt sie nicht untergehen; er ist es, der sie lenkt, sicherlich auch durch die Menschen, die er erwählt hat, denn so hat er es gewollt. Das war und ist eine Gewißheit, die durch nichts verdunkelt werden kann. Und das ist der Grund, warum mein Herz heute voll Dankbarkeit gegenüber Gott ist, weil er es der ganzen Kirche und auch mir nie an seinem Trost, seinem Licht, seiner Liebe hat fehlen lassen. (...) Ein Papst ist nicht allein bei der Leitung des Bootes Petri, auch wenn er der Hauptverantwortliche ist. Ich habe mich beim Tragen der Freude und der Last des Petrusdienstes nie allein gefühlt; der Herr hat mir viele Menschen zur Seite gestellt, die mir mit Großherzigkeit und Liebe zu Gott und zur Kirche geholfen haben und mir nahe waren ... auch ich war unterschiedslos allen und jedem zugeneigt mit jener pastoralen Liebe, die das Herz jedes Hirten ist, vor allem des Bischofs von Rom, des Nachfolgers des Apostels Petrus. Jeden Tag habe ich jeden von euch mit väterlichem Herzen ins Gebet mit hineingenommen (...) An dieser Stelle möchte ich sehr herzlich auch den vielen Menschen aus aller Welt danken, die mir in den letzten Wochen bewegende Zeichen der Zuwendung, der Freundschaft, des Gebets geschickt haben. Ja, der Papst ist nie allein – das erlebe ich nun noch einmal in großer, das Herz berührender Weise (...) In diesen letzten Monaten habe ich gespürt, daß meine Kräfte nachgelassen haben, und ich habe Gott im Gebet angefleht, mich mit seinem Licht zu erleuchten, um mir zu helfen, die Entscheidung zu fällen, welche nicht für mein eigenes Wohl, sondern für das Wohl der Kirche die richtigste ist. Ich habe diesen Schritt im vollen Bewußtsein seines schwerwiegenden Ernstes und seiner Neuheit, aber mit einer tiefen Seelenruhe getan. Die Kirche zu lieben bedeutet auch, den Mut zu haben, schwierige, durchlittene Entscheidungen zu treffen und dabei immer das Wohl der Kirche und nicht sich selbst im Auge zu haben. - Lassen Sie mich da noch einmal auf den 19. April 2005 zurückkommen. Das Schwere der Entscheidung lag gerade auch darin, daß ich nun vom Herrn immer und für immer beansprucht war. Immer – wer das Petrusamt annimmt, hat kein Privatleben mehr. Er gehört immer und ganz allen, der ganzen Kirche. Sein Leben wird sozusagen ganz entprivatisiert. Ich durfte erleben und erlebe es gerade jetzt, daß einem das Leben eben darin geschenkt wird, daß man es weggibt. Vorhin habe ich davon gesprochen, daß die vielen Menschen, die den Herrn lieben, auch den Nachfolger des heiligen Petrus lieben und ihm zugetan sind. Daß er wirklich Brüder und Schwestern, Söhne und Töchter rundum auf der ganzen Welt hat und in ihrer Gemeinschaft geborgen ist. Weil er nicht mehr sich selber gehört, gehört er zu allen, und alle gehören zu ihm. - Das 'immer' ist auch ein 'für immer' – es gibt keine Rückkehr ins Private. Meine Entscheidung, auf die aktive Ausführung des Amtes zu verzichten, nimmt dies nicht zurück. Ich kehre nicht ins private Leben zurück – in ein Leben mit Reisen, Begegnungen, Empfängen, Vorträgen usw. Ich gehe nicht vom Kreuz weg, sondern bleibe auf neue Weise beim gekreuzigten Herrn. Ich trage nicht mehr die amtliche Vollmacht für die Leitung der Kirche, aber im Dienst des Gebetes bleibe ich sozusagen im engeren Bereich des heiligen Petrus. Der heilige Benedikt, dessen Name ich als Papst trage, wird mir da ein großes Vorbild sein: Er hat uns den Weg für ein Leben gezeigt, das aktiv oder passiv ganz dem Werk Gottes gehört. - Ich danke allen und jedem auch für den Respekt und das Verständnis, mit dem ihr diese so wichtige Entscheidung aufgenommen habt. In Gebet und Besinnung werde ich den Weg der Kirche weiterhin begleiten, mit jener Hingabe an den Herrn und seine Braut, die ich bis jetzt täglich zu leben versucht habe und die ich immer leben möchte. Ich bitte euch, vor Gott meiner zu gedenken und vor allem für die Kardinäle zu beten, die zu einer so bedeutenden Aufgabe gerufen sind, und für den neuen Nachfolger des Apostels Petrus: Der Herr begleite ihn mit dem Licht und der Kraft seines Geistes. - Erbitten wir die mütterliche Fürsprache der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes und der Kirche, daß sie jeden von uns und die ganze kirchliche Gemeinschaft begleite; ihr vertrauen wir uns an, in tiefer Zuversicht. - Liebe Freunde! Gott leitet seine Kirche, er stützt sie immer, auch und vor allem in den schwierigen Momenten. Verlieren wir niemals diese Sicht des Glaubens, die die einzig wahre Sicht des Weges der Kirche und der Welt ist. Möge in unserem Herzen, im Herzen eines jeden von uns immer die frohe Gewißheit herrschen, daß der Herr uns zur Seite steht, uns nicht verläßt, uns nahe ist und uns mit seiner Liebe umfängt. Danke!" Drei Tage zuvor hatte er beim Gebet des "Engel des Herrn" den zahlreich versammelten Gläubigen gesagt, daß er die Kirche nicht verlasse: "Darüber hinaus bedeutet das Gebet nicht, sich von der Welt und ihren Widersprüchen abzusondern, wie dies Petrus auf dem Tabor gern getan hätte, sondern das Gebet führt zurück auf den Weg, zurück zum Handeln. »Das christliche Leben«, so habe ich in der Botschaft für diese Fastenzeit geschrieben, »besteht darin, den Berg der Begegnung mit Gott immer wieder hinaufzusteigen, um dann, bereichert durch die Liebe und die Kraft, die sie uns schenkt, wieder hinabzusteigen und unseren Brüdern und Schwestern mit der gleichen Liebe Gottes zu dienen« (Nr. 3). - Liebe Brüder und Schwestern, ich fühle, wie dieses Wort Gottes in diesem Augenblick meines Lebens besonders an mich ergeht. Der Herr ruft mich, den »Berg hinaufzusteigen«, mich noch mehr dem Gebet und der Betrachtung zu widmen. Doch dies bedeutet nicht, daß ich die Kirche im Stich lasse, im Gegenteil. Wenn Gott dies von mir fordert, so gerade deshalb, damit ich fortfahren kann, ihr zu dienen, mit derselben Hingabe und mit derselben Liebe, wie ich es bis bislang versucht habe, doch auf eine Weise, die meinem Alter und meinen Kräften angemessener ist. Bitten wir um die Fürsprache der Jungfrau Maria: sie helfe uns allen, im Gebet und in der tätigen Liebe immer Jesus, dem Herrn, zu folgen." Und bereits zwei Tage nach der Erklärung seines Rücktritts hatte Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 13. Februar 2013 gesagt: "Liebe Brüder und Schwestern! Wie ihr wißt, habe ich mich dazu entschlossen, auf das Amt, das mir der Herr am 19. April 2005 anvertraut hat, zu verzichten. Ich habe dies in voller Freiheit zum Wohl der Kirche getan, nachdem ich lange gebetet und vor Gott mein Gewissen geprüft habe. Ich bin mir des Ernstes dieses Aktes sehr bewußt, aber ich bin mir ebenso bewußt, nicht mehr in der Lage zu sein, das Petrusamt mit der dafür erforderlichen Kraft auszuüben. Mich trägt und erleuchtet die Gewißheit, daß es die Kirche Christi ist und der Herr es ihr nie an seiner Leitung und Sorge fehlen lassen wird. Ich danke euch allen für die Liebe und für das Gebet, mit dem ihr mich begleitet habt. [Applaus] Danke! Ich habe in diesen für mich nicht leichten Tagen gleichsam physisch die Kraft des Gebets verspürt, die mir die Liebe der Kirche, euer Gebet bringt. Betet weiter für mich, für die Kirche und für den kommenden Papst. Der Herr wird uns leiten." Es gibt möglicherweise noch weitere Zitate des früheren Papstes, welche seine Rücktrittsmotivation während der von ihm gewählten Frist ähnlich verdeutlichen wie die soeben übernommenen Redeausschnitte. Als besonders schön und wichtig empfinde ich in diesem Zeitraum jedenfalls seinen frei gehaltenen lebendigen Rückblick auf die Zeit seiner Mitarbeit am XXI. Ökumenischen Konzil der Katholischen Kirche, am II. Vatikanischen Konzil, die zum jetzigen Zeitpunkt auf der Internetseite des Heiligen Stuhles leider noch nicht in Deutsch vorliegt. (Das ist auch ein leiser Vorwurf von meiner Seite: bis heute ist es offenbar nicht gelungen, daß die deutsche Sprache bei den Dokumenten des Heiligen Stuhles beispielsweise und ausnahmslos immer gleichzeitig mit der englischen, spanischen und französischen Übersetzung vorliegt.) Auch wenn Benedikt XVI. im letzten Moment (am 22. Februar mit Rechtskraft am 25. Februar 2013) leichte Modifzierungen an der für die Erwählung des Papstes relevanten Apostolischen Konstitution seines seligen Vorgängers vornahm, so liegt der in Rom wirkende Professor P. David-Maria Jaeger OFM richtig, daß es bisher kein Gesetz für einen "emeritierten Papst" bzw. einen emeritierten Diözesanbischof von Rom gebe. Es geht dabei auch um Vorrechte und die Frage einer Immunität. Man erinnere sich aber beispielsweise auch an den Fall der zurückgezogenen Einstweiligen Verfügung gegen das deutsche Satiremagazin "Titanic": der Rückzug erfolgte ja primär aus völkerrechtlichen Gründen, denn ein Völkerrechtssubjekt (= der Papst) kann sich unmöglich den Gesetzen eines anderen Völkerrechtssubjekts (= Deutschland) unterstellen, als ob er gewissermaßen eine "gewöhnliche Privatperson" mit staatsbürgerlichen Rechten wäre. Nun jedoch schaut die Sache anders aus, denn Benedikt XVI. ist nicht mehr der Heilige Stuhl und nicht mehr Inhaber des Petrusamtes: jetzt wäre eine solche Klage bis zum Schluß denkbar und durchziehbar und müßte doch mit dem (neuen) Papst abgesprochen werden, ja präzise gesprochen: der emeritierte Pontifex ist dem neuen Papst gegenüber zum Gehorsam verpflichtet. Und genau das hat er heute den Kardinälen gesagt: "Und unter Euch, dem Kardinalskollegium, ist auch der künftige Papst, dem ich schon heute meine Verehrung und meinen Gehorsam ohne Bedingungen verspreche." Noch viele Fragen könnte man hier ansprechen, die sich nun ergeben oder die schon diskutiert wurden. So wurde behauptet, daß der Rücktritt des Papstes das Petrusamt entsakralisiere (vgl. beispielsweise die Wortmeldungen der beiden wahlberechtigten deutschsprachigen Kardinäle Walter Kasper und Rainer Maria Woelki, des Historikers Prof. Thomas Großbölting und des Denkers Eberhard Wagner). Ja, man könnte von solchen inner- und außerkirchlichen Kommentaren her sogar fragen, ob nicht sogar diese Entscheidung dem eigenen Aufruf einer Entweltlichung der Kirche widerspreche, denn schließlich kann ein Amt göttlichen Rechtes wie jenes des Papstes niemals auf der Ebene eines UNO-Generalsekretärs gesehen werden, weder vom Auftrag noch vom konkreten Amt her. Doch Benedikt XVI. wollte es keinesfalls so verstanden wissen. Realistisch und kritisch sieht aber auch der bereits in Rom weilende wahlberechtigte Australier George Kardinal Pell den Rücktritt des vormaligen Papstes, der gestern den Abschied des Papstes bei der letzten Generalaudienz als sehr schön und authentisch miterlebte. Pell nahm am Petersplatz zu seiner kritischen Sicht Stellung und erklärte, daß er einfach ähnlich wie Benedikt XVI. die Vorteile und Nachteile einer solchen Rücktrittsentscheidung bedacht habe. Er akzeptiere die Rücktrittsentscheidung natürlich, aber dem Papst wäre sehr bewußt gewesen, daß sein Rücktritt einen Bruch mit der (bisherigen) Tradition darstellte, was zu einer leichten Destabilisierung führe. Aber Benedikt XVI. habe eben gefühlt, daß er aufgrund seiner Krankheit und Schwäche einfach nicht mehr die Kraft habe, die Kirche in diesen herausfordernden Zeiten anzuführen. Und am Beispiel des Kammerdienerverrates und der illegalen Kopien von zahlreichen Dokumenten macht Kardinal Pell fest, daß diejenigen Personen, welche in der unmittelbaren Umgebung für Benedikt XVI. regierten, dies "nicht immer brillant" gemacht haben. ("I think the governance is done by people around the Pope and that wasn't always done brilliantly." Wer Arbeitszeugnisse kennt, weiß, wie diplomatisch hier Pell formuliert.) Benedikt XVI. sei ein herausragender Lehrer gewesen, aber er hätte diese Dokumentenflucht (sowieso) nicht verhindern können. Und völlig richtig stellt Kardinal Pell fest, daß sich die Medienwelt in den letzten zehn Jahren weiter verändert habe: alles werde genauer betrachtet. (Man denke an die Entscheidung von Benedikt XVI., authentifizierte Twitterkonten zu eröffnen.) Wenn durch die Medien Korruption auch in der Kirche aufgedeckt wurde, so sei es eine Hilfe für die Kirche (gewesen). Kardinal Pell selbst wolle jemanden wählen, der zur Tradition der Kirche stehe und insbesondere die Glaubwürdigkeit im moralischen und disziplinären Bereich stärke und der auch fähig sei, die Welt anzusprechen. Er wolle einen Papst, der bereits mit der Regierung einer Diözese gute Erfahrung habe und fähig sei, die Moral der Römischen Kurie zu verbessern. Im Gegensatz zu Kardinal Pell rechne ich jedoch nicht mit einem früheren Beginn des Konklave, sondern ich sehe sogar die seit 25. Februar 2013 geltenden neuen Bestimmungen zur Vorverlegung des Beginns kritisch. Wichtig ist für (katholische) Christen jedenfalls, daß die Erwählung des Papstes kein demokratisch-säkularer Vorgang ist, sondern vielmehr machen die Anrufung des Heiligen Geistes und der ganze Rahmen aus dem genau geregelten Vorgang lediglich das notwendige und veränderbare Instrumentarium, wen Gott zum neuen Petrusnachfolger erwählt habe. Eine ganz eigene und sehr positive Wertung der Rücktrittsentscheidung nimmt indes der österreichisch-ungarische Denker Eberhard Wagner in seinem Blogbuch vor. In den beiden Teilen seines Eintrages (unter dem Titel "Linien der Kontinuität") hat er einmal mehr originelle Gedanken, die nirgendwo so nachlesbar waren oder sind. Es ist eine durchaus harte und fundamentale Kritik, die der Katholischen Kirche in seinen Augen helfen soll. Ich teile einige Punkte seiner Position nicht, vor allem nicht die grundsätzliche Kritik an der Seligsprechung des Vorgängerpapstes Johannes Paul II. (vgl. dazu auch meinen obigen Widerspruch zu Mosebachs Analyse, nach der Johannes Paul II. angeblich gar nicht mehr regieren hätte können), und ebenso ist klar, daß auch die letzten beiden allgemeinen Konzilien der Katholischen Kirche dogmatisch nicht "korrigiert" werden können, sondern es kann nur ein möglicherweise falsches Verständnis der Lehre beider Vatikanischen Konzilien korrigiert werden. Eberhard Wagner hat jedenfalls einige kritische Punkte erfaßt, die tatsächlich zur Krise der Kirche in der heutigen Gesellschaft und vor allem in unserer westlichen Kultur bzw. in der Internetkultur mitbeigetragen haben und immer noch beitragen. Seine positive Würdigung des Papstrücktritts reiht sich nicht opportunistisch in einen allgemeinen Lobes-Chor ein, sondern steht auf einem wesentlich durchdachteren Fundament. Denn es wäre zu wenig, den Rücktritt des Papstes nur gutzuheißen, weil er diese Entscheidung als Papst getroffen habe. Ein blindes Folgen ohne Nachdenken, obschon - wie schon oben gesagt - dieser Rücktrittsentscheidung keine Unfehlbarkeit zukommen kann, hilft der Kirche wenig. Sehr klug und antifundamentalistisch schreibt diesbezüglich übrigens Pater Engelbert Recktenwald in seinem Beitrag vom 15. Februar 2013 mit dem Titel "Zum Streit um den päpstlichen Amtsverzicht": "Eine senile Queen von England tut niemandem weh, ein seniler Papst wäre in der heutigen Zeit für die Kirche eine Katastrophe (...) Die Frage, ob der Papst von einer Möglichkeit Gebrauch macht, die mit der kirchlichen Lehre kompatibel und vom Kirchenrecht ausdrücklich vorgesehen ist, ist keine Frage der Theologie, sondern der Klugheit". Zurück zu Eberhard Wagner, er schreibt zum Abschluß seines ersten Eintrags anläßlich des heute rechtskräftigen Papstrücktrittes: "Die [Anm. von mir: bestimmte fromme Menschen] sofort davon sprechen, daß alles was sie erleben, im historischen Maßstab groß und außergewöhnlich sein muß. Weil sie selbst es ja sind. Also wurde auch Ratzinger sofort zum Superstar erhöht, wird auch sein Pontifikat - noch mehr fast als das seines Vorgängers - sofort zum 'großen Pontifikat' überhöht. Denn wenn es das nicht wäre - dann wäre ihre eigene Heiligkeit beschattet. Deshalb muß auch Benedikt XVI. sofort heiliggesprochen werden, wie man mancherorts hört - und warum? - Ganz offen: weil es für die erwähnte Form der Frömmigkeit gar nicht anders geht als daß alles, womit sie zu tun haben, dem sie das Papsttum (oder die Rechtgläubigkeit etc.) zusprechen (und DAS tun sie nämlich) auch heilig ist. Die Heiligkeit des Papstes Ratzinger ist also nur Ausdruck IHRER Heiligkeit. Ihr Hängen am Papsttum ist nicht Treue. Es ist die Forderung, die sich aus ihrer Selbsteinschätzung ergibt. Und da kann es nur verklärte Gestalten geben, mit denen sie es zu tun haben. Derselbe Grund, warum kaum noch jemand in der Kirche sein Amt ausübt, sein Amt, sondern das Konkrete, das was seine Aufgabe als Mensch wäre, der Gnade überläßt. Das ist eitle Vermessenheit, der wahre Krebsschaden der Kirche. Der sie überall niederreißt, weil das Heilige nicht mehr sichtbar wird. Nur noch die Menschen stehen da, und behaupten, sie wären die Kirche, ganz persönlich. Und ist es nicht seltsam? Dieses 'Wir sind Kirche' eint alle Richtungen, die man als einander widersprechend in der Kirche bezeichnet. Es ist ein Scheinwiderspruch. Die 'Konservativen' und die 'Progressiven' sind nicht unterschieden. Es ist ein Streit unter denselben narzißtischen Charakteren. - Die nirgendwo mehr ihre konkrete Aufgabe erfüllen, dem Wesen ihrer Sendung als Mensch treu bleiben, in allen Formen, Gestalten und Hierarchien. Sondern die sich über die Welt 'hinwegbeten'. Deshalb überall, wo man hinblickt, so katastrophales Versagen. Deshalb überall die Infragestellung fundamentalster Wahrheiten, die nur noch per ständig zu erneuernder Verordnungen halbwegs zurückgedrängt werden können, und müssen. Und Bischöfe, die das nicht tun, was sie zu tun hätten. Lieber Parallelstrukturen aufbauen, in denen sie ihre Phantasien von Frömmigkeit und Neuevangelisierung ausleben können, ohne die wirkliche Bürde ihres Amtes tragen zu müssen. Während sie das Schiff der Kirche allen überlassen, die ans Ruder drängen. Und das sind viele: Eine Kirche, in der der faktische Mensch in den Vordergrund geschoben wurde, muß zwangsläufig zum Karrieristenstadel verkommen. Und in einer solchen Kirche wird auch Gehorsam zur Hörigkeit. Oder zum frechen Ungehorsam. Denn genau dem Gehorsam, der Grundlage alles Erkennens, fehlt das Maß. Er wird in Wahrheit zur Okkupation dessen, dem man angeblich gehorcht, das aber nur dem eigenen Machtrausch dient, wird zum schizoid genutzten, infamen Feigenblatt. Vernunft verkommt zur Logorrhoe einer subjektiven Frömmlerei." Und im zweiten Eintrag geht Eberhard Wagner noch deutlicher auf den Rücktritt von Benedikt XVI. ein und schreibt: "Und deshalb hat Joseph Ratzinger mit seinem Rücktritt, in dem er erklärt, daß seine Natur die spezielle Gnade des Papstamtes nicht mehr tragen kann, seine vielleicht klarste und kräftigste Aussage als Theologe, Philosoph und Papst getätigt. Die den Nerv der Zeit traf, wie nichts sonst aus seiner Amtszeit, die schon aufgrund des Alters des 2005 Erwählten nur als Zwischenpontifikat zu verstehen war. - Ja vielleicht sogar noch viel mehr - ob er es bewußt so sah, oder nicht. Denn ob er es so beabsichtigte oder nicht, so hat er damit einen historischen Schritt gesetzt, indem er eine über hundertjährige Entwicklung, die bei weiten Bevölkerungskreisen zu einer längst unzulässigen Verklärung des Papstes führte, zu einem Ende brachte. Mit einem Schlag hat er eine Nüchternheit aufscheinen lassen, die nur gut sein KANN. Mit einem Akt hat er das Papstamt auf sein ihm zugehöriges realistisches Maß gestutzt, und - hoffentlich - vielerorts Ernüchterung bewirkt. - Der weiß, daß er nicht mehr in der Lage ist, den realen Anforderungen seines Amtes zu genügen. Das im Amt des Regierens, des Ordnens, des Kampfes der Autorität als Dienst an der Einheit besteht, der sich nicht mit frommen Formeln erledigt. Da braucht es konkrete Manneskraft. Denn es geht um das Amt, nicht um seine Person. Der deshalb bescheiden zurücktritt, weil er es real nicht mehr ausfüllen kann. Weil er offenbar noch Respekt vor der Würde hat, die er zu repräsentieren hat. - Wenn es heißt, daß sein Rücktritt historisch problematische Folgewirkungen haben könnte, indem nämlich das Papstamt 'entsakralisiert' wird, so ist das in dieser Hinsicht absolut wünschenswert. Indem die Kirche selbst nicht auf das faktische Vorhandensein ihrer Glieder eingeschränkt wird, sondern über allem ihre wahre, noch ungewirklichte Gestalt, der nie verstummende Anspruch neu gesehen wird (...) Damit aber wäre seine Entscheidung wirklich wegweisend, und viel deutlicher, als viele wahrhaben wollen: Denn Benedikt XVI. zerreißt damit (ob bewußt oder nicht) auch diesen unsäglich verqueren Schleier des Papismus, der - und mit welcher Paßgenauigkeit zur Zeit des Internet, der Ortslosigkeit, und damit der Unwirklichkeit - so unermeßlichen Schaden angerichtet hat. Der ganz sicher kein Weg der Neuevangelisierung - im Jahr des Glaubens! von diesem Papst ausgerufen! - ist. Wo die Kirche zum Eventverein entwürdigt, der Papst zur faktischen Identifikationsfigur der Vermassung, zum 'Star' abgehalftert wurde. Den es zuletzt sogar noch auf Twitter kostenlos zu beziehen gab (...) Vielleicht hören die Leut, ernüchtert, gezwungen zum Realismus auch in der Betrachtung des (nächsten) Papstes, nun endlich auf, pausenlos über den Vatikan zu diskutieren, anstatt in ihrer Pfarre das Kreuz zu schultern, von dem sie so gerne hätten, daß es jemand anderer für sie beiseiteschafft. Der Papst, zum Beispiel. Während man das Feld allen möglichen Umtrieben überläßt - WIR, wir haben ja unsere virtuelle Kirche, rechtgläubig und superfromm, per iPod. - Es ist krank, wenn der Gesundheitszustand des Papstes die Leute mehr interessiert als der ihres Pfarrers. Wenn die Leute in Internetforen und Sondertreffen über Zölibat und Enzykliken diskutieren, anstatt ihrem Pfarrer das zu sein, was seiner Stellung entspricht und jede Zölibatsdiskussion obsolet macht: Braut. Was aber auch ihr einziger Ansatz wäre, am Heil teilzuhaben, das die Kirche sehr real ist." Wer diese Beiträge liest und auf seine Weise versteht, weiß auch, was auf den nächsten Papst zukommt. Und dann erscheint ein Kommentar von Wolfgang Fellner in der Tageszeitung "Österreich" nur noch als widersprüchlicher Populismus und vollkommene Fehleinschätzung dieses Papstrücktrittes. Er geht letztlich und paradoxerweise von einer uralten theologischen Schule aus, die den menschlichen Inhaber des Papstamtes mit dem Stuhl des heiligen Petrus unauflöslich verheiratet sah. Was schreibt Fellner also heute, abgesehen davon, daß er sich wirklich völlig irrt bei seiner Meinung, daß Benedikt XVI. "keinerlei Konsequenzen zu den fürchterlichen Mißbrauchsenthüllungen" hätte folgen lassen: "Der beste Dienst, den dieser Papst seiner Kirche geleistet hat, war sein Rücktritt. Aber: wenn schon der Papst nicht mehr im Amt bleibt, bis der Tod ihn abberuft – warum muß dann jede Ehe halten, bis der Tod sie scheidet? Wenn der Papst frei entscheidet, wie er sein Leben führen will – warum nicht auch Homosexuelle? Und: wenn der Papst die Regeln Gottes reformiert und in Pension geht – warum dürfen dann nicht auch die Gläubigen die Kirche reformieren? Dämme. Mein Gefühl ist: mit diesem Rücktritt können in der Kirche ganze Dämme an so genannten 'heiligen' Verboten brechen. Nach Benedikts Abtritt hat sich die Kirche eine Flut an Reform verdient ..." Nein, und nochmals nein: das Papstamt ist kein Sakrament, und kein von Gott erwählter Mensch ist unauflöslich an das Amt des heiligen Petrus geknüpft. Und somit begeht Fellner hier eine (bereits bedenklich eingerissene) populistische Ebenenverwechslung. So sehen wir, wie unterschiedlich gescheit oder weniger gescheit ein solcher historisch einzigartiger Vorgang gewertet und verstanden werden kann. Wie schon an anderer Stelle festgehalten: ich respektiere diese päpstliche Entscheidung zu 100 %, aber innerlich kann ich weder die Motivation noch den Termin verstehen, muß ich aber auch gar nicht. Ich habe in jedem Falle volles Vertrauen in die Vorsehung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in bezug auf die Kirche, und genau das hat Benedikt XVI. in der ihm verbleibenden Amtszeit mehrfach in glaubhafter Weise gepredigt und dargestellt. Wer jedoch dem Prinzip "Einmal Papst, immer Papst" anhängt, muß gegen jeden Rücktritt eines Papstes sein. Da das Papstamt aber keine unverlierbare Weihe ist, ist dem verehrten Benedikt Joseph Ratzinger soeben dieses Amt voll und ganz verlorengegangen. Was also für die heilige Taufe, die heilige Firmung, für die Diakonatsweihe, die Priesterweihe und die Bischofsweihe gilt, daß sie nämlich ein unverlierbares Prägemal an der unsterblichen Seele des Menschen hinterlassen, das gilt nicht für das Petrusamt. Deswegen gibt es dieses dogmatische Prinzip "Einmal Papst, immer Papst" auf die konkrete Person des (früheren) Amtsinhabers bezogen nicht. Und mit all diesen fehlbaren Gedanken und Hinweisen verbleibe ich mitten in der Fastenzeit als Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik, verbunden im Gebet für die Wahlkardinäle und den künftigen sichtbaren Stellvertreter Jesu Christi auf Erden! |
Calendar
QuicksearchÜbersicht / Kontakt / LinksJüngere Einträge
KategorienBlog abonnieren |