Predigt am 5. Ostersonntag ("Muttertag" - Lesejahr C)

Thema: "Ehre!" als Fundament der Familien und der christlichen Gesellschaft

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(Padre Alex)


Andächtige in Christus, dem Mittler beim Vater!

Welchen besseren Sonntag könnte es geben, um den so wichtigen Brief des seligen Papstes Johannes Paul II. an die Familien vom 2. Februar 1994 als Richtschnur der Verkündigung zu nehmen? Welches bessere Evangelium könnte es auch geben für das Anliegen dieses päpstlichen Briefes als das heutige Johannesevangelium mit mit seiner krönenden Botschaft "Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben." (Joh 13,14) Denn wo sollte die göttliche Tugend der Liebe ursprünglicher daheim sein als in der Familie? Im Rahmen des rechtverstandenen Mottos "Der Mensch ist der Weg der Kirche" sieht Johannes Paul II. als ersten und wichtigsten Weg der Kirche die Familie.

"Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben" (Joh 15,10) Im Wortlaut des vierten Gebotes ist bekanntlich von der Familie nicht ausdrücklich die Rede, aber vom Ernstnehmen des Gebotes hängt doch ihre innere Festigkeit und Solidarität ab. Um die Gemeinsamkeit zwischen den Generationen auszudrücken, hat der göttliche Gesetzgeber kein passenderes Wort gefunden als: "Ehre ..." (Ex 20,12) Gott findet keine bessere Gewähr für die besonders intensiven Beziehungen zwischen Ehegatten, zwischen Eltern und Kindern, zwischen den Generationen als: "Ehre!" - "Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr dein Gott, dir gibt" (Ex 20,12) Dieses Gebot folgt auf die drei grundlegenden Gebote, die das Verhältnis des Menschen zu Gott betreffen. "Ehre deinen Vater und deine Mutter", denn sie sind für dich in gewissem Sinne die Bevollmächtigten des Herrn, diejenigen, die dir das Leben geschenkt und dich in die menschliche Existenz eingeführt haben: in ein Volk, eine Nation, eine Kultur. Nach Gott sind sie die ersten Wohltäter und haben in einzigartiger Weise an der Güte Gottes teil Es besteht also eine gewisse Ähnlichkeit zu der Verehrung, die Gott gebührt, (wobei die Worte des hl. Petrus nie vergessen werden dürfen: "Auch ich bin nur ein Mensch.")

Aber, liebe Andächtige, verpflichtet das vierte Gebot nur, die Eltern zu ehren? Im buchstäblichen Sinn: ja. Im weiteren Sinne sind wir Jüngeren aber ganz klar gerufen, dem Alter und den älteren Generationen überhaupt ehrlichen Respekt und echte Ehrfurcht entgegenzubringen. Sicher wird zu einem liebevollen Frieden auch beitragen, eine klare Abgrenzung zu finden, was die jeweiligen Generationen für ihren Lebensbereich selber festlegen sollen und was die Generationen sich gemeinsam vornehmen. Es soll also keine übertriebene Einmischung geben, aber auch nicht ein feiges Verschweigen von reichhaltiger Erfahrung und Gottes unveränderlichen Geboten. Das Schlimmste war aber schon immer das Heruntermachen der anderen Generationen, sei es der Jüngeren, sei es der Älteren oder gar das berühmt-berüchtigte Ausspielen der Ehepartner von Seiten bestimmter Eltern oder Schwiegereltern und umgekehrt, womöglich nicht nur in der eigenen Großfamilie, sondern gleich in der Nachbarschaft. Hier ist es immer wieder nötig, Vorurteile zurückzustellen und im Herzen genährte Antipathien in Wohlwollen umzuwandeln. "Ehre" heißt nämlich: erkenne an! Laß dich von der überzeugten Anerkennung der Person leiten, vor allem von der Person des Vaters und der Mutter und dann von der anderer Familienmitglieder. Wer ist denn bitte mehr Nächster als die eigenen Familienangehörigen? Wenn das vierte Gebot Vater und Mutter zu ehren verlangt, so verlangt es das - wie wir schon gesagt haben - auch im Hinblick auf das Wohl der Familie. Eben deshalb stellt es auch Anforderungen an die Eltern: Eltern, handelt so, daß euer Verhalten die Ehre und die Liebe von seiten eurer Kinder verdient! Laßt den göttlichen Ehranspruch_für euch nicht in ein "moralisches Vakuum" hineinfallen! Schließlich handelt es sich ja doch um eine wechselseitige Ehre. Ehrt eure Söhne und Töchter, weil sie existieren, weil sie das sind, was sie sind: und das gilt vom ersten Augenblick der Empfängnis an.

Damit sind wir aber auch schon bei der Wichtigkeit des vierten Gebotes für die gerne betonten Menschenrechte. Diese und andere Anordnungen gebrauchen ja die Rechtssprache, Gott hingegen sagt: "Ehre!" Sämtliche "Menschenrechte" sind letzten Endes hinfällig und wirkungslos, wenn ihnen die eindeutige Forderung "ehre!" fehlt; mit anderen Worten, wenn nicht die Anerkennung des Menschen durch die einfache Tatsache gegeben ist, daß er Mensch, daß er "dieser" Mensch ist. Papier-Rechte allein genügen nicht. Das Leben der Nationen und Staaten geht also wirklich durch die Familie "hindurch" und "gründet" sich so auf das vierte Gebot. Der Schöpfer des Universums will, daß der Mensch das Leben vor allem dank der Familie habe und es in Fülle habe, wie Christus sagt. In Gottes Plan ist die Familie in verschiedener Hinsicht die erste Schule des Menschen. Sei Mensch! Dies ist die Forderung, die in ihr vermittelt wird: Mensch als Sohn und Tochter der Heimat, als Bürger des Staates und vor allem als gläubiger und mutiger Katholik.

Eine echte Zivilisation der Liebe - so schreibt Johannes Paul II. - ruft Freude hervor: unter anderem Freude darüber, daß ein Mensch zur Welt kommt (vgl. Joh 16,21), und folglich, weil die Gatten Eltern werden. Aber eine Zivilisation, die sich von einer konsumistischen und geburtenfeindlichen Gesinnung leiten läßt, kann nie eine Zivilisation, eine Kultur der Liebe sein. Sicher bedeutet die Geburt eines Kindes für die Eltern zusätzliche Mühen, neue wirtschaftliche Belastungen und andere praktische Folgen: dies sind Gründe, die sie zu der Versuchung verleiten können, keine weitere Geburt zu wollen. In unseren Breiten macht sich diese Versuchung immer stärker bemerkbar. 1963 kamen auf jede Staatsbürgerin noch knappe drei Kinder, 1992 waren es aber in unserem Lande durchschnittlich nur noch 1 1/2. Um die Zahl der angestammten Bevölkerung wenigstens zu halten, müßten es jedoch mindestens zwei sein. Aber stimmt es denn wirklich, daß die Kinder den Familien und der Gesellschaft nichts bringen? Tragen sie denn nicht wesentlich zu jenem gemeinsamen Gut bei, ohne das die menschlichen Gemeinschaften zerbrechen und Gefahr laufen zu sterben? Wie könnte man das leugnen? Das Kind wird von sich aus zu einem Geschenk für die Geschwister, für die Eltern, für die ganze Familie. Das ist doch eine ganz einfache und selbstverständliche Wahrheit! Jede Geburt stellt außerdem ein österliches Zeichen dar. Davon spricht Jesus selbst zu den Jüngern vor seinem Leiden und Tod: "Wenn die Frau gebären soll, ist sie bekümmert, weil ihre Stunde da ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist" (Joh 16,21). Die "Stunde" des Todes Christi wird hier mit der "Stunde" der Frau in Geburtswehen verglichen; die Geburt eines neuen Menschen findet ihre volle Entsprechung in dem von der Auferstehung des Herrn gewirkten Sieg des Lebens über den Tod, der ja dem Kind sogleich in der Hl. Taufe real geschenkt werden soll.

Liebe Andächtige! Die Familie unserer Zeit wie aller Zeiten ist auf der Suche nach der "schönen Liebe". Eine Liebe, die nicht "schön" ist, die also nur auf Befriedigung der Begierde (vgl. 1 Joh 2,16), auf einen gegenseitigen "Gebrauch" des Mannes und der Frau verkürzt wird, macht die Person zum Sklaven ihrer Schwächen. Bringen nicht manche moderne "Kulturprogramme" diese Versklavung? Es sind Programme, die auf die Schwächen der Menschen "niederrieseln" und ihn auf diese Weise immer schwächer und schutzloser machen. Wohin anders sollten da die Familien, wir alle unsere Zuflucht nehmen als zur Mutter der schönen Liebe, zur Mutter unseres Erlösers Jesus Christus. Den Lobpreis, den wir erlösungsbedürftige Menschen Maria schenken, reicht die unbefleckte Jungfrau ja in reinster Weise an ihren göttlichen Sohn weiter. Jesus Christus erwartet von uns nämlich nicht nur lebenslange Ehre für die jeweils eigene Mutter, sondern auch Ehre für seine heiligste Mutter, für die Mutter der Kirche. Der Muttertag sollte uns also einmal mehr die starken Aussagen Leos XIII. über die Mittlerschaft Mariens ins Herz und Gedächtnis rufen:

"Von jenem großen Schatz jeglicher Gnade, den der Herr gebracht hat, wird uns nach dem Willen Gottes gar nichts zugeteilt außer durch Maria, so daß, wie niemand zum höchsten Vater hinzutreten kann außer durch den Sohn, ähnlich auch niemand zu Christus hinzutreten kann außer durch die Mutter". AMEN.


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